Wie dich Stichwortzettel beim freien Reden unterstützen

 
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Eine Rede oder ein Vortrag vor Publikum ist eine lebendige Sprechsituation - und dadurch nicht komplett planbar.  Niemand kann vorher genau wissen, was diese Situation bringen wird.

 

Die vermeintlich sichere Variante

Genau das macht vielen Leuten Angst und sorgt für Lampenfieber beim öffentlichen Reden. Verständlicherweise.

Beim Reden und Präsentieren vor Publikum bist du exponiert: vor vielen Leuten, vielleicht auch noch auf einem Podium. Du bist komplett im Fokus - und auf jeden Fall stehst du allein vor anderen Menschen. Sie sehen dich an, bewerten deine Leistung, deine Kompetenz.

Das ist manchmal gar nicht so leicht auszuhalten. 

Da wäre es so schön, sich ein klein wenig zu verstecken. Scheuklappen hoch, und durch die unangenehme Situation durch. Deswegen wählen viele Redner*innen die vermeintlich ‘sichere Variante’ – und werden zu Vorleser*innen.

Nach dem Motto:

'Besser den Vortrag Wort für Wort ausformulieren und später alles ablesen - anstatt frei zu sprechen.'

Klingt nach einer guten Lösung - ist es jedoch bei genauerem Hinsehen nicht. 

Denn geschriebene und spontan gesprochene Sprache hören sich vollkommen unterschiedlich an. Wahrscheinlich merkst du beim Zuhören selbst auch sofort, ob eine Rede oder ein Vortrag abgelesen werden.

Vorgelesene Reden zeichnen sich durch regelgerecht geformte Sätze aus, die meist sehr lang sind. Schriftsprache eben.

Die Ausdrücke sind präzise gewählt, es gibt kein nach-Worten-suchen. Vorlesende fallen typischerweise auch leicht in einen leiernden Tonfall. Dabei wird das letzte Wort oft besonders betont. 

Reden-Vorlesen schafft Distanz.

Beim Vorlesen gibt es meist keine Denkpausen, dafür aber ein besonders hohes Sprechtempo. Der Blickkontakt zum Publikum ist eingeschränkt - klar, man darf ja nicht die Zeile auf dem Blatt verlieren.

Deswegen schaffen abgelesene Reden sehr schnell eine Distanz zwischen der Vortragenden und den Zuhörer*innen.

Für die Rednerin wiederum bieten komplett ausformulierte Reden keine Möglichkeiten für spontane Veränderungen und damit auch keine Freiheiten.

Eine Rede-Situation ist aber ein Dialog, obwohl sie auch monologische Aspekte hat. Du sprichst und viele andere hören zu.

Und doch: im Endeffekt versuchst du jede einzelne Person, die da vor dir sitzt, zu erreichen. Du nimmst Blickkontakt zu den verschiedenen Menschen auf, du versuchst sie mit deinen Worten zu erreichen. Und alle Leute reagieren auf die ein oder andere Weise auf deine Worte. Also doch: ein Dialog in der Form eines Monologs.

Die Zuhörer*innen denken mit, sie fühlen mit: sie reagieren auf das Gesagte. Wenn du das als Vortragende wahrnimmst und wiederum darauf reagierst, entsteht eine lebendige Verbindung, eine spannende Interaktion. Und das trotz der gegebenen Rollenverteilung, dass eine Person redet und die anderen zuhören.

 

Du bereitest dich in jedem Fall vor.

Genau dieses Zusammenspiel zwischen dir und dem Publikum wird erschwert, wenn du dir vorher jedes Wort und jeden Satz genau auf dem Papier festgelegt hast.

Dieses ganz-genau-festlegen ist auch gar nicht notwendig. Denn du bereitest dich ja in jedem Fall vor, bevor du dich redend vor Leute stellst.

Du investierst viel Zeit, Liebe und Gedanken in den Aufbau deiner Rede oder Präsentation. Du achtest darauf, dass sie schlüssig konzipiert und für dein Publikum verständlich ist.

 

Wirklich in Kontakt kommen beim Reden

Wenn du dich also sowieso vorbereitest, kannst du auch eine Form der Erinnerungsstütze wählen, die genau das tut: dich unterstützen. So, dass du wirklich mit deinen Zuhörer*innen in Kontakt kommst. 

Der Stichwortzettel sollte dich dabei unterstützen zu reden, wie du klingst und normalerweise auch sprichst. Inklusive aller Denkpausen und Tempovariationen. Das ist charmant, offen und dem kann man gut zuhören.

Welches Format für Stichwortzettel ideal ist, hängt von dem Setting ab, in dem du sprichst. Bei Reden am Pult empfehle ich DIN-A4 Zettel, denn du hast eine Ablagefläche vor dir. Wenn du frei im Raum stehst und redest, dann schreibe deine Notizen auf DIN-A5-Karteikarten blanko. Sie knittern nicht und sehen gut aus.

Natürlich beschreibst du immer nur eine Seite. Kleiner als A5 sollte ein Stichwortzettel nicht sein - das sieht dann schnell nach Spickzettel aus. Außerdem musst du, je kleiner der Stichwortzettel wird, umso kleiner schreiben. Und dann wird es mit dem Entziffern irgendwann schwierig…

 

Stichwortzettel sorgen für gedankliche Klarheit und Sicherheit.

Ein guter und klar strukturierter Stichwortzettel unterstützt dich beim Denken und Sprechen.

Er bringt dir Sicherheit und sorgt für gedankliche Klarheit. Auch, wenn du die Redesituation als total stressig empfindest. 

Du kannst auch mal was hinzufügen oder weglassen, weil du ja frei redest. Und findest trotzdem immer wieder zu deinem letzten Punkt zurück. 

 

Plane deinen Vortrag vom Inhalt zur Form.

Bevor du dir einen Stichwortzettel schreibst, planst du deine Rede. Der Weg der Vorbereitung geht vom Inhalt zur Form.

Mach dir klar, welches Ziel du mit deinem Sprechen verfolgst und für welche Zuhörerschaft du sprichst. Das ist wichtig, damit du von Anfang an dein Publikum 'mitnimmst' und an seinen Kenntnisstand anschließt.

Richte alles, was du sagen willst, auf dieses Rede-Ziel hin aus. Das bedeutet: keine Ausführungen und zusätzlichen Schritte, die nicht dein Ziel stützen. Pack nicht zu viele unterschiedliche Aspekte in deinen Vortrag und spring nicht zwischen ihnen hin und her. 

Wenn du eine Punkt-für-Punkt-Anleitung brauchst: hier kannst du nachlesen, wie du eine Informationsrede strukturierst

 

Der Weg geht über das mündliche Formulieren.

Nach der Rede-Planung geht es an die Satzplanung. Dabei führt der Weg zu einem gut sprechbaren und für die Hörer*innen verständlichen Text über das mündliche Formulieren.

Eine Möglichkeit dafür ist, anhand der vorhandenen Notizen erste Sätze und Gedanken auf Tonband aufzunehmen.

So trainierst du von Beginn an den Umgang mit gesprochener Sprache und formulierst nicht zu dicht. Das mag wie ein Umweg erscheinen, ist aber von entscheidendem Vorteil für die Hör-Verständlichkeit.

 

Ein Stichwortzettel ist das Kondensat deiner Gedanken. 

Ein Stichwortzettel ist dann das Kondensat all dessen, was du dir vorher erarbeitet hast. Jetzt formulierst du wirklich nur das aus, was wortwörtlich vorgetragen werden soll. Das können etwa der Rede-Einstieg sein, der Schluss oder auch getreu wiederzugebende Zitate.

Für alles andere gilt auf dem Stichwortzettel: keine ganzen Sätze.

Übersichtlichkeit ist oberstes Gebot.

Setze die Stichwörter miteinander in Beziehung. Durch Pfeile, durch Gliederungspunkte, durch einzelne verbindende Wörter wie denn oder dann.

 

Reden mit dem dreigeteilten Stichwortzettel

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Bewährt hat sich das Konzept des 'dreigeteilten Stichwortzettels'. Das funktioniert so:

Mach dir drei senkrechte Spalten auf ein Blatt Papier.

In der 1. Spalte notierst du den Hauptgedanken: das oberste Schlagwort.
In die 2. Spalte setzt du die eigentlichen Stichpunkte.
Die 3. Spalte ist für genauere und weiterführende Angaben reserviert, für Zahlen, Daten und Fakten.

Diese Dreiteilung gibt Sicherheit: du weißt, dass die wichtigsten Stichworte in der Mitte stehen. Die übrigen Gedankenstützen finden links und rechts Platz. Diese Art des Stichwortkonzepts erleichtert das Denken beim Sprechen - und umgekehrt. 

Aufgrund der Möglichkeit, die nächsten Rede-Schritte auf einen Blick zu erfassen, ist das Herstellen und Halten von Blickkontakt gut möglich. Weil du die Reaktionen des Publikums mitbekommst, kannst du leichter auf deine Zuhörer*innen eingehen.

 

Beim Sprechen vor Leuten flexibel und spontan bleiben

Das Reden mit Stichwortzettel bringt noch einen entscheidenden Vorteil mit sich: Du bleibst flexibel. Spontane Verlängerungen oder Verkürzungen der Rede sind jederzeit möglich.

Es ist leichter, bei Zeitnot schnell einige Stichwörter zu überspringen, als ganze ausformulierte Textpassagen im Kopf zu streichen.

 

Vorab alles durchsprechen für einen geübten Umgang

Wenn du die Stichwortzettel fertig vorbereitet hast, dann übst du den Umgang mit ihnen: sprich deine Rede oder Präsentation mehrmals durch. Durchsprechen – nicht stumm lesen!

So kannst du etwaige Mängel, Stolpersteine oder Unklarheiten noch erkennen und korrigieren. 

Freies Reden ist ein lebendiger Prozess des Austauschs mit dem Publikum. Wenn du mit deinen Zuhörer*innen in Verbindung kommen und sicherstellen willst, dass deine Inhalte ankommen, ist ein Stichwortzettel die ideale Wahl.