Wie du innerlich wächst, wenn du vor Publikum sprichst
Es gibt verschiedene Ereignisse, körperliche oder psychische Zustände, die dir beim Sprechen vor Leuten immer wieder begegnen werden. Wie deine eigene Aufregung: schwitzende Hände, flatternder Magen oder ein leichtes Rot-Werden. Je mehr Übung und Erfahrung du beim Sprechen vor anderen Leuten hast, desto leichter wird es, mit diesen Symptomen umzugehen.
Und natürlich wird es mit zunehmender Rede-Erfahrung auch immer einfacher, bestimmten ‚schwierigen‘ Personen im Publikum zu begegnen: etwa jemandem, der beim Zuhören weniger nickt und dafür mehr kritisch die Stirn runzelt. Oder einer Person, die umständlich in der Tasche nach einem Stift kramt, während du sprichst – eine gefühlte halbe Ewigkeit lang.
Natürlich wirst du auch das große Glück immer wieder erleben, wenn du alles gesagt hast und zugewandte, begeisterte Reaktionen erntest. Wenn du während des Sprechens merkst, dass es bei deinen Zuhörer*innen im Kopf ‘Klick’ macht, weil sie durch dich nun etwas aus einer neuen Perspektive sehen können. Oder wenn du siehst, was für positive Gefühle deine Worte bei jemandem auslösen.
Du wächst an jeder einzelnen Sprech-Situation.
Jede Rede-Erfahrung vor Publikum ist eine Situation, an der du wächst und in der du viel über dich selbst lernen wirst. Über das Zusammenspiel deiner Gefühle mit deinem Körper oder deiner Stimme, über deine inneren Spannungs-Zustände und deine Beziehung zu anderen Menschen.
Und dann gibt es noch die ‚verborgenen Geschenke‘: besonderes inneres Wachstum und Erfahrungen, die du durch das Sprechen vor Publikum erhältst.
Diese Geschenke zeigen sich vielleicht nicht sofort – aber je öfter du vor Leuten sprichst, desto deutlicher wirst du sie spüren und genießen können. Je häufiger du im Meeting, auf dem Podium oder vor Gruppen sprichst, desto stärker entfalten sich die folgenden 4 Geschenke.
1. Du lernst, deine Macht zu genießen.
Wenn du vor Leuten sprichst, ist das eine machtvolle Position. Du sprichst, andere hören zu. Die Rollenverteilung ist klar. Natürlich musst du auch etwas dafür tun, die Aufmerksamkeit des Publikums zu bekommen und zu halten. Du wirst deine Zuhörer*innen in dein Sprechen miteinbeziehen, sie durch lebendige Bilder und Vergleiche bei der Stange halten. Du wirst abwechslungsreich und verständlich sprechen.
Je stärker deine Beziehung zu deinem Publikum ist und je genauer du es kennst, desto besser wirst du es erreichen. Dadurch kannst du deine Inhalte anbringen, wirst gehört und gesehen – und kannst durch deine Worte Veränderungen bewirken.
Alle sind da, um dir zuzuhören.
In meinen Seminaren und im Rhetorik Einzeltraining erlebe ich sehr oft, dass sich Personen erstmal am liebsten ‚verstecken‘ oder flüchten wollen, wenn sie auftreten und alle Augen auf sie gerichtet sind. Zuerst ist nämlich nur die Wahrnehmung da: ‚Ich stehe allein hier draußen, und alle schauen mich an.‘ Viele beschreiben ein Gefühl des Ausgeliefert-Seins dem Publikum gegenüber: und das ist natürlich eine enorm herausfordernde und stressvolle Situation.
Doch alle merken dann Schritt für Schritt: je länger sie sprechend draußen stehen und den Leuten in die neugierigen Augen blicken, desto mehr gewöhnen sie sich an diese besondere Situation. Es wird immer leichter, das Gefühl auszuhalten, auf dem Präsentierteller zu stehen. Und dann kommt oft sehr bald ein leises Gefühl von Macht dazu. Ein freudiges Bewusstsein dafür, dass alle da sind, um dir zuzuhören…
Sag JA zu dieser Macht. Nutze sie weise, und erlaube ihr, dass sie deinen Worten Wirkung verschafft.
2. Du wirst gelassener.
Die Person in der 2. Reihe kramt also schon seit einer Minute schniefend nach einem Taschentuch. Die Kollegin steht mitten in deinem Input auf, um das Fenster zu öffnen. Jemand guckt dich stirnrunzelnd von der Seite an.
Und du sagst dir innerlich ganz gelassen so: ‘Ja, das passiert. Weitermachen.’
Wenn du all das nämlich als Zeichen von mangelndem Interesse, Skepsis oder als Stör-Versuche interpretierst, wirst du mit deinem Vortrag nicht weit kommen. Fang nicht an, die Zeichen gegen dich zu interpretieren. Das Allermeiste ist nicht persönlich.
Die Person hat einfach einen Schnupfen. Die Kollegin kämpft gegen eine Hitzewallung. Manche Leute runzeln die Stirn, wenn sie konzentriert zuhören.
Atmen, und einfach weitersprechen.
Umso öfter du dich Sprech-Situationen vor Publikum aussetzt, desto gelassener wirst du mit allem umgehen, was dir vom Publikum begegnet. Du wirst immer besser verschiedene Reaktionen für dich einsortieren können. Gleichzeitig wirst du immer offener auf deine Zuhörer*innen zu- und eingehen können: durch deinen Blickkontakt, durch klares Ansprechen und das lässige Aufnehmen von kleinen Reaktionen.
Du wirst merken, dass es immer darum geht, Beziehungen zu den einzelnen Leuten aufzunehmen und dass das Sprechen vor Publikum viel mehr von einem Dialog hat, als von einem reinen Monolog.
Je bewusster du Beziehungen zu der Mehrzahl deiner Zuhörer*innen aufnehmen und halten kannst, umso weniger wirst du dir Gedanken über Einzelreaktionen machen. Auch mit Zwischenfragen und Zwischenrufen wirst du immer souveräner umgehen. Und das: macht dich insgesamt immer gelassener und gelassener. Du hast die Situation wirklich in der Hand.
3. Du erlebst, dass die Aufregung wieder vergeht und dass danach der Spaß beginnt.
Ich werde oft gefragt, ob ich auch noch Lampenfieber habe, wenn ich vor Leuten spreche. Und ja: das habe ich. Abhängig von der Gruppe, meiner Tagesform und wie sicher ich mich mit meinen Inhalten fühle. Für mich gehört es dazu und ist ein ganz normaler Teil des Prozesses.
Wenn du vor Publikum sprichst, lernst du den Gewöhnungseffekt kennen: nach einigen Minuten, manchmal schon nach den ersten 2 Sätzen, nimmt die Aufregung ab und verschwindet ganz. Du gewöhnst dich daran, im Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen. Dann macht das Sprechen da vorne richtig Spaß.
Genau diesen Gewöhnungseffekt habe ich auch schon oben beschrieben. Du kannst darauf vertrauen, dass er eintritt. Wie heißt es so schön: ‘wir können uns an alles gewöhnen’. Gerade, wenn dich arges Lampenfieber plagt, ist diese Weisheit eine gute Sache.
Nimm die Aufregung wahr, benenne sie und lass sie vorbeiziehen.
Wenn du also vor dem Sprechen sehr aufgeregt bist, dann nimm diese Aufregung so neutral wie möglich einfach wahr. Vielleicht kannst du sie innerlich sogar benennen, indem du zu dir selbst sagst: ‚Aha, da ist Aufregung. Ok, ich sehe dich.‘ Oft verringert sie sich allein schon dadurch, dass du sie da-sein lässt.
Manche Leute beschreiben auch, dass sie vor einem Vortrag, vor einem Auftritt gar nicht so schlimm aufgeregt sind. Eine Herausforderung werde es erst dann, wenn währenddessen etwas Unvorhergesehenes auftauche.
Zum Beispiel, wenn sie mit ihren Notizen durcheinander kommen, etwas Wichtiges vergessen oder eine seltsame Zwischenfrage kommt. Dann kann es passieren, dass die Aufregung so richtig hochwallt.
Auch in dieser Situation kannst du dem Gewöhnungseffekt vertrauen. Auch hier gilt: ruhig bleiben, weiteratmen. Nicht in falschen Aktionismus verfallen. Mach lieber eine bewusste Pause, atme ein und wieder aus, nochmal ein und wieder aus. Das aufwallende Gefühl des Kontroll-Verlusts wird wieder vorübergehen und du kannst weitersprechen.
Jede Aufregung kommt – und vergeht auch wieder. Und gleich dahinter kommt der Spaß.
4. Du gewinnst an Selbstbewusstsein.
Wünschst du dir mehr Selbstbewusstsein? Dann nix wie rauf auf die Bühne! Du musst dazu weder laut noch extrovertiert sein. Und du musst auch keine geborene Bühnenpersönlichkeit sein.
Sprich einfach über deine Themen, Ideen, Vorschläge. Du wirst merken, dass die Position vor Publikum etwas Magisches hat: hier kannst du deine Stimme erheben und dein Engagement deinen Inhalten gegenüber zum Ausdruck bringen.
Du zeigst dich: Mit deiner Perspektive, deiner Persönlichkeit.
Du wirst merken, dass es beim Sprechen vor anderen darum geht, dich selbst zu zeigen – und dass deine Perspektive und Persönlichkeit für deine Zuhörer*innen spannend sind. Du wirst erleben, dass du lebendige Beziehungen zu deinem Publikum aufbauen kannst und dass es darauf reagiert, wenn du ihm dein Interesse zeigst.
All diese Erfahrungen beim Sprechen werden dich selbstbewusster machen. Und schon allein, dass du dich traust und mutig bist, wird dein Selbstbewusstsein ordentlich nach oben katapultieren.
Du wirst mit jeder gemeisterten Auftritts-Situation merken, dass du ihr gewachsen bist und dass durch sie wächst. Davon profitierst du in der nächsten Sprech-Situation. Und der nächsten…
Durchs Sprechen vor Publikum innerlich wachsen
Macht, Gelassenheit, Spaß und Selbstbewusstsein: 4 kraftvolle Geschenke und wirkliches inneres Wachstum, yeah! Begib dich mutig in die Sprech-Situationen, die dich jetzt noch herausfordern. Melde dich freiwillig für den Fachvortrag und sag ‘JA’, wenn dich jemand als Speakerin für dein Spezial-Thema anfragt. Sprich auf dem nächsten Netzwerktreffen. Nimm dir deinen Raum im Meeting. Informiere über deine Leistungen, deine Pläne und sprich überzeugend über dein Herzens-Thema.
Deine Geschenke warten um die Ecke, an der Bühnen-Kante, in jeder Situation rund ums öffentliche Sprechen. Hol sie dir.