Wie du konstruktives Feedback gibst
Das Wort 'Feedback' ist besonders eng mit der mündlichen Kommunikation und Rhetorik verbunden. Es ist ein wichtiges Werkzeug: wenn es um Reden und Präsentationen geht - und auch in Gesprächen.
Konstruktives Feedback ist gerade auch in Gesprächen wichtig, die schwierig sind. Bei denen es darum geht, bestimmte Verhaltensweisen einer anderen Person anzusprechen. Weil sie dich z.B. stören oder immer wieder auffallen. Oder wenn du deinem Gegenüber helfen willst, sich durch ein anderes Verhalten weiterzuentwickeln.
Das kann in der eigenen Beziehung sein. Im Business, wo die Kommunikation mit einem Kollegen immer wieder hakt. Wenn du als Führungskraft deiner Mitarbeiterin etwas zu ihrem letzten Projekt rückmelden willst. Wenn eine Freundin dich um deine Wahrnehmungen zu ihrem nächsten Vortrag bittet. Oder im täglichen Zusammenleben mit deinen Kindern.
Immer dann brauchst du deine Fähigkeit, konstruktiv und wertschätzend Feedback zu geben. Doch was ist das überhaupt - Feedback?
Inflationäre Benutzung des Begriffs 'Feedback'
Das Wort 'Feedback' wird manchmal etwas inflationär benutzt. (Ja, auch hier - aber schließlich geht's in dem Artikel genau darum...) Feedback wird gegeben, genommen, bekommen, durchdacht – und manchmal wird auch das Feedback selbst befeedbackt.
Und manchmal versteckt sich hinter dem vorgeschobenen Begriff Feedback etwas, das viel mehr eine Kritik ist. Dann wird daraus eine spitze Waffe - und das Wort wird entwertet.
Denn harsch formulierte Kritik, die sich als Feedback missversteht, kann verletzten. Und dazu führen, dass neue Mauern hochgezogen werden. Doch wirklich konstruktives Feedback sollte Brücken bauen: zu einer besseren Verständigung und zu neuen, heilsamen Verhaltensweisen.
Weil die Qualität jedweden Feedbacks so unglaublich entscheidend ist, ist jetzt Zeit für ein paar grundsätzliche Gedanken dazu. Außerdem mache ich dir einen neuen Vorschlag, wie du Feedback gelungen aufbauen und geben kannst.
So kommunizierst du transparent, wertschätzend und vor allem konstruktiv. Auf dass wirkliche Veränderungen entstehen können. Auf geht's.
Feedback ist eine Rückmeldung.
Mir bringt es zusätzliche Klarheit, wenn ich ab und zu die deutsche Entsprechung dieses Wortes verwende: Rückmeldung.
Das ist prägnant, einfach und geradlinig.
Mit Feedback wird jemandem etwas zurückgemeldet. Etwa, wie ein bestimmtes Verhalten gewirkt hat oder welchen Eindruck eine Handlung macht. Im Idealfall hilft Feedback dem Empfänger dabei, eigenes Verhalten zu erkennen und zu verändern.
Bewusster Umgang mit eigenen Wertungen
Damit Rückmeldungen nicht zu einem scharfen Messer werden, braucht es eine 'Ethik des Feedback-Gebens'.
Wenn du also jemandem Feedback gibst, dann werde dir bewusst, dass darin immer potentiell deine eigenen Motivationen, Wertungen, Überzeugungen und Ressentiments mitschwingen.
Und natürlich verhält es sich genauso, wenn dir jemand eine Rückmeldung gibt. Es gibt also kein 'objektives' Feedback, das nur die reine Wahrheit enthält. Es ist immer eine Rückmeldung durch eine bestimmte Brille.
Die Frage ist: Wenn du deinen Geschmack und persönliche Meinungen aus der Rückmeldung herausfilterst - welche wirklich wichtigen Punkte bleiben dann übrig?
Dabei hilft es dir, wenn du dir deiner eigenen Gedankenwelten bewusst bist. Denn Feedback darf niemals zu einer Selbstdarstellungs-Show werden. Es sollte immer deinem Gegenüber dienen.
Feedback braucht Respekt und konkrete Beschreibungen.
Gutes Feedback ist von Respekt geprägt. Vor dem anderen Menschen und seinen Leistungen.
Genaue und konkrete Beschreibungen sind beim Feedback-Geben zentral.
Das heißt: verwende keine Verallgemeinerungen und Generalisierungen. Keine Analysen und Psychologisierungen. Sondern Beschreibungen von einem bestimmten Verhalten oder Sachverhalt in einer klar abgegrenzten Situation.
Vergiss die Sandwich-Regel fürs Feedback-Geben
Wenn es ums Thema Feedback geht, steht oft auch die sogenannte Sandwich-Regel im Raum. In Seminaren und anderen Kontexten wird dann empfohlen, folgendermaßen vorzugehen:
Zuerst 'positives' Feedback geben: was mir gut gefallen hat
Dann 'negatives' Feedback geben: was ich nicht gut fand
Abschließend wieder 'positives' Feedback geben.
Bitte vergiss das sofort.
Das funktioniert so nicht.
Die Sandwich-Regel beim Feedback-Geben funktioniert aus 2 Gründen nicht:
1. Durch die Sandwich-Regel gerätst du in Versuchung, in deinen Aussagen zu werten.
Diese Art des Feedback-Gebens verführt dazu, dass du mit deinen Aussagen wertest und den anderen in eine unmündige Rolle drängst. Beispiel. Du sagst: "Deine Präsentation hat mir gut gefallen. Du warst total souverän."
Mit dem 1. Satz drückst du eine Wertung aus und vergibst praktisch eine Note: gut. Das kann 'gut' ankommen und 'gut' gemeint sein - letztendlich ist es doch eine Bewertung.
Mit dem 2. Satz interpretierst du. Und zwar den Charakter und die Verfassung deines Gegenübers. Das wird klarer, wenn du dir vorstellst, dass du gesagt hättest: "Du warst voll überheblich."
Da zeigst du praktisch mit deinem Finger auf dein Gegenüber. Ich nenne es auch: Eine Du-Botschaft machen. “Du warst so-und-so.”
2. Du verhinderst dadurch Kommunikation auf Augenhöhe.
Wenn du nach der Sandwich-Regel Feedback gibst, besteht die Gefahr, dass du dich ein Stück weit zur Autorität erhebst. Der Empfänger der Rückmeldung wiederum wird in die Rolle des Schülers gedrängt. Das ist dann keine Kommunikation auf Augenhöhe mehr.
Bei einem 'positiven' Feedback fällt das vielleicht nicht sofort auf. Ein 'negatives' Feedback, das unreflektiert ausgesprochen wird, kann jedoch starke Verletzungen auslösen, die so leicht nicht wieder zu heilen sind. Sie wirken dann in deiner Beziehung zu dem anderen Menschen weiter.
Wie du Feedback stattdessen strukturieren kannst
Bewertungen versperren uns immer den Weg zu anderen Menschen. Es sind die inneren Bilder und Vorstellungen von 'richtig' und 'falsch', von 'gut' und 'böse', die es schwer machen, wirklich mit unserem Gegenüber in Kontakt zu kommen und neue Wege zu gehen.
Wie kannst du Feedback stattdessen aufbauen, wenn du der Bewertungs-Falle entgehen willst?
Orientiere dich an der Wirkung, die bei dir durch das Verhalten deines Gegenübers ausgelöst wurde. Dazu gehören 3 wichtige Aspekte.
1. Beschreibe den Sachverhalt.
Beschreibe im ersten Schritt den Sachverhalt. Was hast du erlebt? Was hat dein Gegenüber gerade gemacht? Sei dabei so präzise, sachlich und konkret wie möglich.
Vermeide dabei auf jeden Fall Begriffe wie 'immer' und 'nie' oder direkte Du-Botschaften. Feedback bezieht sich immer auf eine ganz konkrete Situation und kann gar nicht alles in den Blick nehmen.
2. Beschreibe die Wirkung auf dich.
Beschreibe die Wirkung des Sachverhalts auf dich. Hier kannst du dir deiner eigenen Gefühlswelt bewusst werden. Die Leitfrage ist:
Was hat das (was du soeben beschrieben hast) in dir ausgelöst?
Dabei rückst du dein persönliches Empfinden in den Fokus. Das ist wichtig, damit dein Gesprächspartner nachvollziehen kann, wie es zu dieser Wirkung kam.
'Die Aussage: "Du warst total souverän." ist keine Wirkung, denn der Hörer wurde ja nicht beim Zuhören souverän oder fühlte sich plötzlich souverän. 'Souveränität' könnte beispielsweise Vertrauen oder Glaubhaftigkeit ausgelöst haben.'
(aus: 'Rhetorik der Rede', Thomas Grießbach & Annette Lepschy, Röhrig 2015)
Ja, wenn du so kommunizierst, dann machst du deine Gedanken und Gefühle ein Stück weit transparent. Vielleicht löst das in dir Angst aus, nun selbst eine Angriffsfläche zu bieten oder verletzbar zu wirken.
Mach dir deswegen noch mal klar, dass es beim Feedback-Geben um eine subjektive Rückmeldung geht. Außerdem wirkt Transparenz beim Kommunizieren immer in beide Richtungen - und du kannst damit anfangen.
Wichtig ist, dass dein Gegenüber nicht in eine Rechtfertigungs-Haltung getrieben wird. Die wird leicht durch Vermutungen, Interpretationen und Wertungen ausgelöst. Und versperrt den Weg zu wirklicher Verständigung.
3. Wunsch an dein Gegenüber/ Vorschlag
Jedes Feedback endet mit dem 'Wunsch an dich/ ans Gegenüber' und einem damit verbundenen Vorschlag. Hier schaust du mit deinem Gesprächspartner in Richtung Zukunft.
Du führst aus, was du dir von deinem Gegenüber wünschst und machst einen konstruktiven Vorschlag, wie das erreicht werden kann. Das ist auch der ideale Punkt, um in einem wirklichen Dialog zu finden.
Schmatzen in Theater-Proben
Ein Theater-Exkurs als Beispiel: Während des Probens einer Szene sind konkrete Beschreibungen das wichtigste Mittel zur Entwicklung einer Szene. Warum?
Der Schauspieler sieht sich selbst und seine Handlungen nicht von außen.
Stellen wir uns für einen Augenblick vor, wir wollen das Verhalten eines Menschen auf der Bühne zeigen, der auf unappetitliche Weise isst. Er soll sogar ganz fürchterlich schmatzen.
Bei der Erarbeitung dieser Szene hilft dem Schauspieler natürlich meine persönliche Meinung über schmatzende Menschen überhaupt nicht. Und noch weniger die Information, dass Schmatzen und Sprechen mit weit offenem Mund eklig sein können. Er wird auch nicht dem Kern der Darstellung näher kommen, wenn ich ihm eine Statistik zitiere. Und auch nicht, wenn ich ihm sage: "Die Figur, die du spielst, ist einfach voll eklig."
Was ist aber dann hilfreich? Wie kann sich ein Darsteller wirklich weiter entwickeln? Wie kann er nach einem ersten Versuch einen weiteren machen, in dem er konkrete Verhaltensweisen in der Probe verändert?
Wenn ich ihm detailliert und genau beschreibe, was er gerade auf der Bühne in der konkreten Situation getan hat. Und wie das auf mich gewirkt hat. Ich kann ihm beschreiben, was dieses Verhalten in mir an Gedanken und Gefühlen ausgelöst hat.
Dann kann ich einen Wunsch oder Vorschlag äußern, wie er es beim nächsten Anlauf probieren kann.
Die oben beschriebene Feedback-Struktur
1. Sachverhalt beschreiben
2. Wirkung auf dich beschreiben
3. Wunsch an Gegenüber äußern + Vorschlag
funktioniert nicht nur in Theaterproben oder bei der Beschreibung von einer Präsentations-Leistung.
Sie wirkt auch wunderbar in schwierigen Gesprächen - sei es am Arbeitsplatz oder in persönlichen Beziehungen; sogar mit Kindern.
Was ist jetzt gerade umsetzbar?
Eines ist noch wichtig: Feedback ist immer eine Frage des richtigen Maßes.
Dazu kannst du dich fragen: was kann jetzt gerade von der anderen Person aufgenommen werden?
Es ist nur sinnvoll, Dinge vorzuschlagen, die der andere auch umsetzen kann. Was nützen 15 gute Vorschläge, wenn dem Gegenüber schon nach zweien der Kopf raucht?
Auch die besten Rückmeldungen sind nur sinnvoll, wenn der andere fähig und innerlich bereit ist, sie anzunehmen. Wenn du Feedback zu einer Handlung oder einem Verhalten gibst, hast du die Verantwortung über den weiteren Verlauf des Gesprächs.
Zumal, wenn die andere Person nicht unbedingt nach einer Rückmeldung gefragt hat und du sie unaufgefordert gibst. Du musst also das vorhandene Potential zur Veränderung bei deinem Gegenüber einschätzen und damit vorausschauend umzugehen.
Der Unterschied zwischen Feedback und Kritik
Im Idealfall ist Feedback ein Dialog auf Augenhöhe. Hierin dürfen und sollen auch positive Wahrnehmungen, warme Gefühle und freundliche Gedanken einfließen. Dieser Aspekt unterscheidet Feedback von Kritik. Kritik beanstandet, moniert, bemängelt - und hat selten einen konstruktiven Gegenvorschlag parat.
Konstruktives Feedback kann Veränderungen ermöglichen: Mut machen, Entwicklungen befördern und neue Verbindungen schaffen. Brücken bauen.
Und du als Feedback-Gebende hast dabei immer die Möglichkeit, mehr über dich und deine Wahrnehmung zu lernen - und bewusster zu agieren.