Wie Gefühle deinen Körperausdruck beeinflussen
In der Kommunikation mit anderen Menschen gibt dein Körper Informationen preis. Ob du es willst, oder nicht. Denn der Körperausdruck ist ein Wegweiser durch die Gefühle, Stimmungen und Empfindungen von miteinander kommunizierenden Personen.
Dein Körper hat immer eine Wirkung.
Sobald dein Körper von deinem Gegenüber wahrgenommen wird, erzielt er eine Wirkung. Er hat einen Ausdruckswert: da gibt’s kein Entkommen. Umgekehrt funktioniert das natürlich genauso: du nimmst den Körperausdruck deiner Gesprächspartner*innen wahr oder auch von Personen, die dir auf der Straße begegnen – und ziehst gewisse Informationen daraus. Diese Wahrnehmungen prägen Begegnungen und Gespräche entscheidend mit.
Im Bruchteil von Sekunden schätzt du über den Körperausdruck ab, wie die andere Person gestimmt ist, welchen Status sie hat, ob sie dir tendenziell aggressiv oder friedfertig begegnet. Natürlich sind das erstmal nur subjektive Wahrnehmungen – aber sie beeinflussen, wie du der anderen Person gegenübertrittst und wie sie dich wiederum wahrnimmt.
Achtung: Heute lieber nicht ansprechen.
Sicher hast du auch schon mal Situationen erlebt, wo du nach einem Blick auf die andere Person gedacht hast: „Die sprech ich heute mal lieber nicht an, die scheint schlechte Laune zu haben.“ Oder „Der lässt heute so den Kopf hängen, da ist sicher was passiert.“ Oder: „Die strahlt ja heute vor Glück, die geht wie auf Wolken.“
Wenn diese Gedanken durch deinen Kopf geschossen sind, waren das erstmal Vermutungen zum Zustand der anderen Person. Durch Nachfragen und ein erweitertes Gespräch kannst du dir erst sicher sein. Der Körperausdruck beeinflusst uns also schon vom ersten Augenblick an – noch bevor die andere Person überhaupt die Chance hatte, den Mund aufzumachen.
Warum ich lieber von Körperausdruck spreche
Übrigens hast du sicher schon gemerkt, dass ich lieber von Körperausdruck spreche, als von Körpersprache. Das hat einen einfachen Grund: wenn ich ‚Tisch‘ sage, hast du ein bestimmtes inneres Bild davon. Ebenso bei den Worten ‚Blume‘, ‚Bett‘ und ‚Wolke‘. Selbst wenn deine Vorstellung einer Blume etwas anders ist als meine – es ist doch sehr wahrscheinlich, dass es da eine große Schnittmenge gibt und wir beide sofort wissen, was gemeint ist.
Körpersprache suggeriert, dass auch die verschiedenen Körper eine gemeinsame, verbindliche Sprache sprechen würden. Das tun sie aber nicht – oder nur in den seltensten Fällen. In unserer Kultur ist zum Beispiel festgelegt, dass ein Nicken des Kopfes ‚ja‘ bedeutet, ein hin-und-herdrehen jedoch ‚nein‘. Das sind Verabredungen, die eine sprachliche Qualität haben.
Verschränkte Arme können auf Verschiedenes hindeuten.
Schwieriger wird es, wenn jemand zum Beispiel mit verschränkten Armen dasitzt. Da kannst du dir nicht mehr sicher sein, was das bedeutet: der Person kann kalt sein und sie versucht, sich durch die verschränkten Arme zu wärmen. Oder sie versucht, ihren Oberkörper vor etwas zu schützen und Abstand aufzubauen. Oder sie ist müde und will es sich dadurch etwas bequemer machen. Es kann auch sein, dass die verschränktem Arme ein Zeichen trotziger Abwehr sind.
Was es jeweils genau ist, kannst du nur durch genaue Beobachtung, Erfahrung und durch Nachfragen herausfinden. Es wird von Situation zu Situation verschieden sein, was das Zeichen ‚verschränkte Arme‘ bedeutet und welchen Hinweis es auf die innere Gestimmtheit der Person gibt.
Natürlich benutze ich den Begriff ‘Körpersprache’ auch, z.B. in der Ankündigung von meinem Seminar über Stimme und Körper. Einfach, weil er für die meisten Leute gebräuchlicher ist als ‘Körperausdruck’. Doch jetzt hast du ja einen guten Überblick über diese Begriffe…
Gefühle bahnen sich den Weg nach außen.
In den meisten Fällen bahnt sich Körperausdruck unbewusst den Weg von innen nach außen. Zuerst ist da eine innere Empfindung. Oder ein Gefühl wie Glück, Trauer, Langeweile, Begeisterung. Der Ausdruck des Körpers und der mimische Ausdruck folgt diesem Gefühl und wird von ihm geformt.
Erinnere dich, wie du die Straße entlangläufst, wenn es dir richtig gut geht. Wie du den Kopf und die Schultern hängen lässt, wenn du traurig bist. Oder wie du vielleicht die Hände zu Fäusten ballst, wenn du wütend bist.
Vielleicht fällt dir auf, wie du die Schultern verkrampfst, den Kiefer anspannst und die Knie durchdrückst, wenn du nervös bist. Vielen Menschen, die ich im Rahmen eines Rhetorik Trainings begleite, passiert das etwa bei Lampenfieber: wenn es darum geht, vor anderen zu sprechen.
Dein Körper sendet dir wertvolle Zeichen.
Dass der Körper so fein auf Gefühle und Stimmungen reagiert, ist etwas Gutes. Wenn du dir deines Körpers bewusst wirst, erhältst du wertvolle Hinweise, die ansonsten vielleicht im Verborgenen bleiben würden. Sobald du ein Zeichen deines Körpers wahrnimmst, kannst du dich bewusst entscheiden, es anzunehmen – und es sanft zu verändern.
Nehmen wir an, du sitzt seit Stunden am PC an einer wichtigen Arbeit, die fertig werden muss. Du hast die Beine überschlagen, dein Kopf ist vorgestreckt in Richtung Bildschirm gereckt, die Stirn leicht in Falten und deine Schultern vor Anspannung hochgezogen. In dem Moment, in dem du dir dieser körperlichen Zeichen bewusst wirst, merkst du, wie müde und angestrengt du gerade bist.
Spätestens dann ist es Zeit für eine Pause: aufstehen, alles durchschütteln, recken und strecken, ein Glas Wasser trinken und in die Ferne blicken. Etwas Bewegung tut ebenso gut wie eine kurze Luftveränderung. Danach fühlst du dich mit Sicherheit wieder lockerer und kannst dich besser konzentrieren: dadurch kommst du schneller voran.
Wie gehst du in ein Vorstellungsgespräch?
Ein anderes Beispiel: du hast ein wichtiges Vorstellungsgespräch für deinen Traum-Job. Direkt davor fühlst du dich nervös und unsicher: was, wenn du dich nicht richtig präsentieren kannst und es deswegen nicht klappt? Die Gedanken kreisen und deine Gefühle fahren Achterbahn. Als du den Fokus auf deinen Körper richtest, fällt dir auf, dass du gerade mit vor Anspannung geballten Fäusten dasitzt und gleichzeitig mit dem Fuß des übereinander geschlagenen Beins wippst. Nicht gerade überzeugend, oder?
Aber: Gratuliere! Du hast es geschafft, deine Wahrnehmung auf deinen Körper zu lenken. Das ist ein großer Schritt. Meistens sind wir sehr gefangen in unseren Gefühlen und blenden unseren Körper aus. Doch wenn du dir bewusst machst, wie du gerade stehst, sitzt, deinen Kopf hältst oder deine Finger ineinander verknotest – kannst du das auch verändern. Natürlich nur, wenn du möchtest. Das kann sinnvoll sein, wenn dein Körper im Augenblick eine andere Botschaft sendet, als dir nützlich ist.
Alle Gefühle haben ihre Berechtigung: Nur kommen sie manchmal nicht zur 'richtigen' Zeit.
Im Falle des Vorstellungsgesprächs willst du ja als souverän und kraftvoll wahrgenommen werden, als besonnen und kompetent. Natürlich haben alle Gefühle der Nervosität und des Selbstzweifels auch ihre Berechtigung, total. Und im stillen Kämmerchen kannst du sie ebenso rauslassen wie in einem vertrauten Gespräch mit einer Freundin. Aber eher nicht, wenn es um viel geht.
Jetzt kommt eine wirklich gute Nachricht: ebenso, wie dein Körper äußerlich auf deine Gefühle reagiert, reagieren deine Gefühle auf deinen Körper. Diese starke Verbindung funktioniert auf beiden Wegen: von innen nach außen und von außen nach innen.
Lächle dein Spiegelbild an. Strecke die Arme zur Zimmerdecke. Atme tief in den Bauch hinein.
Das bedeutet, dass du durch eine äußerliche Veränderung an deinem Körper auch etwas an der inneren Empfindung drehen kannst. Das ist gemeint, wenn es umgangssprachlich heißt: ‚da hab ich mich an den Haaren aus dem Sumpf gezogen‘ oder ‚ich gebe mir einen Ruck‘.
Wenn du deine Schultern straffst, deinen Kopf aufrichtest und tief durchatmest, folgt das innere Empfinden dem äußeren Ausdruck. Deswegen hilft es schon, wenn du dein eigenes Spiegelbild einfach eine Minute lang anlächelst. Oder wenn du dich auf eine Weise hinstellst, die Kompetenz und Kraft ausstrahlt: bald fühlst du dich auch innerlich anders.
Die Wissenschaftlerin Amy Cuddy hat diesen Zusammenhang auch nachgewiesen: ihren TED-Talk zum Thema 'Power-Posen' kann ich sehr empfehlen. Und demnächst gibt es hier auch einen eigenen Artikel rund ums Power-Posen.
Das Wichtigste nochmal zusammengefasst:
Unsere Gefühle sind sehr eng mit unserem Körperausdruck verbunden.
Der Körperausdruck funktioniert wie ein Wegweiser bezüglich unserer eigenen Gefühle – und der von anderen. Über genaue Beobachtung und aufmerksame Wahrnehmung des Körpers erhalten wir wichtige Informationen.
Meistens bahnen sich die Gefühle ihren Weg von innen nach außen: Glück, Traurigkeit, Anspannung usw. werden so sichtbar.
Du kannst jedoch auch mithilfe deines Körpers deine innere Stimmung wandeln: indem du dir ‚einen Ruck gibst‘, eine kraftvolle Körperhaltung einnimmst oder bewusst die Körperspannung veränderst.
Diese bewusste Veränderung von außen nach innen kann sinnvoll sein, wenn es dir besonders wichtig ist, wie du wahrgenommen wirst: bei einer Verhandlung, einem Vorstellungsgespräch oder in einem wichtigen Meeting.
Von innen nach außen – von außen nach innen.
Manchmal ist es gut, Gefühle einfach nur achtsam wahrzunehmen und ihr Da-Sein zu akzeptieren. Und manchmal ist es wunderbar zu wissen, dass wir ihnen nicht ‚ausgeliefert‘ sind, sondern ganz bewusst auf sie Einfluss nehmen können: über den Körperausdruck.
Hier ist sie wieder, die Wechselwirkung von Innerem und Äußerem, die mich in der Rhetorik immer wieder begeistert und fasziniert. Wir können uns entscheiden, an welchem Punkt wir eine Veränderung beginnen lassen wollen: manchmal ist es leichter, von innen nach außen zu gehen – und manchmal von außen nach innen.