So klappt es mit den Pausen beim Sprechen!
‚Jetzt mach mal eine Pause und komm auf den Punkt!‘ Kennst du diesen Satz? Bekommst du öfter mal gesagt, du sollst beim Sprechen mehr Pausen machen und langsamer sprechen? Oder fühlst du dich nach einem Vortrag einfach fertig und atemlos? Dann bist du nicht allein.
Problematisch ist es, wenn du schnell sprichst und keine Pausen machst.
Eines der größten Sprech-Themen beim Rhetoriktraining ist das Pausen-Machen. Viele Menschen rasen ‚ohne Punkt und Komma‘ durch ihre Redebeiträge und sprechen sehr schnell. Doch schnelles Sprechen allein ist eigentlich gar kein Problem: Wirklich bedenklich ist es, wenn du schnell sprichst und keine Pausen machst.
Denn dann passiert zweierlei: Du kommst erstens irgendwann nicht mehr richtig zu Atem und deine Stimme rutscht hoch. Und zweitens: Dein Publikum kann dir nicht mehr folgen und schaltet ab. Klingt nicht nach einer guten Kombination, oder?
In diesem Blogartikel erfährst du, warum Pausen beim Sprechen so wichtig sind und wie es klappt mit dem Pausen machen. Eine große Inspiration für diesen Blogartikel war übrigens meine liebe Freundin und Kollegin Veronika Molin, eine weitere tolle Sprech- und Rhetoriktrainerin. Durch sie habe ich das nachfolgende Konzept rund ums Pausen machen beim Sprechen kennen gelernt: Ist einfach, funktioniert gut und verändert wirklich was beim Reden. Deswegen nennt Veronika Molin sie auch die ‚zauberhaften Pausen‘.
3 Phasen der Atmung: Einatmung, Ausatmung und Pause
Um die Bedeutung der Pause beim Sprechen zu verstehen, schauen wir uns kurz die 3 Phasen der Atmung an. Und vielleicht wunderst du dich da schon: ‚Wieso 3 Phasen? Atmung besteht doch aus Ein- und Ausatmung!‘ Nein, nicht ganz: Die Atmung besteht aus 3 Phasen: Einatmung. Ausatmung. Und einer Pause.
Mit der Einatmung holst du dir neue Luft, um deinen Körper mit Atemenergie zu versorgen. Mit der Ausatmung gibst du die verbrauchte Atemluft wieder nach außen ab – und du sprichst auf dem Luftstrom der Ausatmung. Und dann, nach der Ausatmung, kommt so eine kleine, aber deutlich spürbare Atempause.
Wenn du anfängst, dich mit deinem Atem zu beschäftigen, ist die Atempause am deutlichsten in der Ruheatmung (also z.B. wenn du entspannt am Rücken auf der Yogamatte liegst) wahrnehmbar. Doch natürlich gibt es diese Atempause auch in der Sprechatmung. Also: Einatmung, Ausatmung, Pause.
Zauberhafte Pausen verändern dein Sprechen.
Innerhalb dieser Pause in der Atmung gibt es wiederum 3 Phasen. Ja, die sind kurz – aber wenn du lernst, sie bewusst wahrzunehmen, entfalten sie eben ihren ganz eigenen Zauber.
Erste Phase der Pause: Du lässt deinen Gedanken nachklingen.
Zuerst passiert innerhalb der Pause auf körperlicher Ebene das: Du gibst die Restluft ab. Die bewusste Ausatmung ist eben zu Ende – und dann kommt noch so ein ‚Nachhauch‘ aus deinem Körper heraus. Auf mentaler Ebene lässt du den gerade ausgesprochenen oder gedachten Gedanken noch nachklingen, nachwirken.
Zweite Phase der Pause: Du löst dich von deinem Gedanken.
In der 2. Phase der Pause regenerieren sich auf körperlicher Ebene die Atemmuskeln, sie entspannen, sie lösen sich. Und auf gedanklicher Ebene kann jetzt dasselbe passieren: Du löst dich von dem alten Gedanken; er darf gehen und macht dadurch Platz für etwas Neues.
Dritte Phase der Pause: Du folgst einem neuen Impuls.
Dieses ‚Neue‘ wird mit der 3. Phase der Pause eingeleitet: Auf körperlicher Ebene kommt der Impuls für die neue Einatmung. Und auf mentaler Ebene kommt nun die neue Inspiration, der neue Gedanke.
Daran schließt sich dann die nächste Einatmung an: Du holst dir neue Energie. Darauf folgt die Ausatmung, mit der du deinen Gedanken sprechend nach außen abgibst. Dann kommt eine Pause, in der dein Gesagtes nachklingt, losgelassen wird und das ‚Neue‘ sich zeigt.
Pausen beim Sprechen können so ganz organisch entstehen.
Wenn du mit dieser Bewusstheit und körperlichen Präsenz deiner Atmung beim Sprechen folgst, dann werden die Pausen ganz organisch entstehen. Du wirst merken, dass du Pausen beim Sprechen brauchst, um deinen Gedanken Raum zu geben, um dich kurz auszuruhen und dann mit genau der richtigen Intention in den nächsten Gedanken zu kommen.
Manchmal entsteht dann vielleicht auch ganz ‚von selbst‘ eine Wirkungspause, die noch länger ist als die Atempause: Etwa, indem du einen ganzen Atemzyklus zwischen dem Abschluss eines Sprechabschnitts und dem Beginn des nächsten lässt. Beim Sprechen gilt über weite Strecken eben auch: In der Ruhe liegt die Kraft. So kannst du dich gleich viel souveräner fühlen und der Eindruck von Kompetenz entsteht. Mehr dazu findest du hier: 2 einfache Sprechtipps, die deine Kompetenz hörbar machen.
Pausen beim Sprechen sind wichtig, damit dein Publikum dich versteht.
Dass du beim Sprechen Pausen machst, ist auch deswegen wichtig, weil sie dein Publikum dabei unterstützen, dir zuzuhören. Vielleicht wirkt das erst einmal paradox und du fragst dich: ‘Wie sollen die Pausen beim Sprechen dem Publikum das Zuhören erleichtern?’
Dein Publikum in einer Redesituation, bei einem Vortrag oder einer Präsentation, besteht aus vielen einzelnen Menschen. Aus Menschen, die alle ihre eigene Geschichte mitbringen und ihre eigenen, wichtigen Gedanken im Kopf haben. Nun hören sie dir zu und lassen sich damit auf deinen Gedankenraum und erstmal natürlich auch auf dein Sprechtempo ein.
Ohne Pausen steigen deine Zuhörer:innen aus.
Wenn du ‚ohne Punkt und Komma‘ und ohne Pausen sprichst, dann strengen sich diese Menschen an und kommen eine ganze Weile mit. Sie hetzten faktisch neben dir her und versuchen, dir zu folgen. Doch irgendwann steigen sie aus: Du bist einfach zu schnell. Sie steigen aus, weil sie keine Kapazitäten mehr haben, um deine Worte zu verarbeiten. An diesem Punkt verlierst du deine Zuhörer:innen, wenn du keine Pausen beim Reden machst.
Auch deine Zuhörer:innen brauchen Pausen: Sie wollen einen Gedanken, den sie gerade gehört haben, nachklingen lassen. Das ist wichtig, damit sie ihn wirklich verstehen und in ihr eigenes Gedankengebäude einsortieren können. Dann lassen sie diesen Gedanken wieder los – und richten sich auf etwas Neues aus: auf das, was du ihnen als Nächstes sagst.
Deine Pausen beim Sprechen schenken also auch deinem Publikum eine Pause. Du kommst zu Luft und neuen Gedanken – und deine Zuhörer:innen ebenso. Deswegen solltest du nicht nur aus Eigeninteresse Pausen beim Sprechen machen, sondern auch zum Wohle deines Publikums.
Tipps fürs aktive Pausen machen beim Sprechen:
Lass dir Zeit beim Sprechen: Nimm dir den Raum, um deine Gedanken wirklich nachklingen zu lassen. Anfangs hilft es, wenn du die Pausen wirklich in dein Stichwortkonzept einzeichnest und dir fix vornimmst: ‘Hier halte ich inne.’
Hilfreich ist auch, wenn du versuchst, deine Worte wirklich an ein Gegenüber zu senden. Sprich nicht einfach in eine gesichtslose Masse hinein (ein Publikum besteht aus vielen Einzelindividuen), sondern sprich jeden Satz einem anderen Menschen zu.
Mach dir bewusst, dass du die Pausen beim Sprechen machst, damit du deinem ‘roten Faden’ besser folgen kannst - und damit dich die anderen wirklich verstehen. Pausen sind damit ein weiteres rhetorisches Mittel, das wunderbar nach innen und nach außen wirkt (ähnlich wie alle Veränderungen rund um den Körperausdruck oder Redestrukturierungen).
Jeder Pause wohnt ein Zauber inne.
Wenn du Pausen beim Sprechen machst, redest du wirkungsvoller, stimmschonender und außerdem verständlicher. Und schließlich: Was für ein schönes Sinnbild auch fürs ‘richtige Leben’, oder? Was sind denn die Pausen, die wir brauchen, zwischen verschiedenen Lebensphasen, zwischen den Wochen, zwischen Tag und Nacht anderes als immer neue Variationen dieses Dreiklangs: Nachklingen lassen von dem, was war. Loslassen und die alte Spannung lösen. Und dann, immer wieder aufs Neue: Ausrichten auf das, was kommt.
Hermann Hesse schreibt in seinem berühmten Gedicht ‘Stufen’: ‘…jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.’
Veronika und ich sagen voller Überzeugung: ‘Jeder Pause wohnt ein Zauber inne.’