Wie uns wirkliches Zuhören miteinander verbindet

 
Zuhören. Rhetorik Training.png
 

Wenn uns jemand genau zuhört, ist das ein kommunikatives Geschenk. Viele Gespräche scheitern, weil wir einander nicht wirklich zuhören und verstehen. Ich begegne oft der Frage: ‘Kann man zuhören lernen?’ Oder auch: ‘Warum können manche Leute nicht richtig zuhören?’

Wir alle wollen, dass uns zugehört wird. Dass die anderen Menschen aktiv bei den Worten sind, die wir aussprechen. Zuhören steht für Verbindung, für Verständnis, für Freundschaft. Es geht nicht um ‘perfektes Zuhören’, aber sehr oft macht die Qualität des Zuhörens und auch die Ruhe dabei einen enormen Unterschied. Und schließlich ist ‘Zuhören können’ ein sehr wirkungsvolles Mittel, um Gespräche zu gestalten.

Zuhören ist ein Geschenk. Und eine kommunikative Haltung.

Eine liebe Freundin hat mir vor einiger Zeit einen Satz zurückgeschenkt, den ich vor Jahren bei einem unserer Gespräche über Kommunikation, das Zuhören und unsere Freundschaft gesagt haben soll. Über diesen wiedergefundenen, neu gehörten Satz habe ich mich sehr gefreut:

'Freundschaft, das ist ein Gespräch über viele Jahre.'

 

In diesem Moment war ich dankbar und habe gestaunt: "Wahnsinn, manchmal hörst du mir genauer zu, als ich mir selbst. " Dieser Satz spielt seither eine besondere Rolle in unserer Freundschaft: Das immer-weiter-Zuhören, das immer-im-Gespräch-bleiben, das ist ein ganz besonderes Merkmal unserer Beziehung für mich.

So viele Jahre gehen wir nun schon Seite an Seite. Wir teilen das Leben auf eine ganz spezielle Weise miteinander, reden miteinander – und hören einander zu. Zuhören und Verstehen, das ist die Basis unserer Freundschaft. Und ich bin überzeugt, dass aktives, genaues und achtsames Zuhören prinzipiell das wichtigste Werkzeug von erfolgreicher Kommunikation ist.

 

Freundschaft: Zuhören und Verstehen

Wenn ich über Kommunikation nachdenke, dann bin ich schnell auch bei den Themen Freundschaft und Zuhören. So oft denken wir, dass Kommunikation und Gespräche eher etwas mit ‘etwas sagen’ zu tun haben.

Doch ich bin überzeugt: die Qualität und auch der Erfolg einer kommunikativen Beziehung hängen von der Art des Zuhörens ab. Es ist ein Geschenk, wenn sich jemand wirklich Zeit nimmt, um zuzuhören, hinzuhören, zu verstehen. Es gibt Kraft, es verbindet und es öffnet. Freundschaften ohne gegenseitiges Zuhören sind nicht denkbar. Und auch alle anderen Arten von kommunikativer Interaktion können ohne wirkliches Zuhören nicht sein.

 

Wir sind so oft nur mit dem Reden beschäftigt, weniger mit dem Zuhören.

Die Fähigkeit, wirklich zuzuhören, die Basis ist für jedes zwischenmenschliche Verständnis. Für positiv gestaltete Beziehungen und für unsere Gesellschaft als Ganzes.

Auf dieser Grundlage mutet es paradox an, dass wir uns alle so viel mehr mit dem Reden, mit dem richtigen Platzieren unserer Inhalte und mit der Selbst-Präsentation beschäftigen.

Ich nehme mich da gar nicht aus. Schließlich befasse ich mich von Berufs wegen mit präsentem Reden. Natürlich ist es wichtig, für die eigenen Inhalte, Ziele und Projekte einzutreten, Haltung zu beweisen und diese nach außen zu kommunizieren. Und ja, Reden kann man lernen. Genauso ist es aber möglich, Zuhören zu lernen. Wir alle können lernen, genauer zuzuhören und einander besser zu verstehen.

Zuhören ist die Basis eines jeden guten Gesprächs.

Aber. Jedes geglückte Gespräch beginnt mit der Bereitschaft, einander zuzuhören. Auch jede Rede ist im Endeffekt ein Dialog mit dem Publikum. Um sie planen zu können, fragen wir: wo stehen unsere Zuhörer*innen gerade? Was ist ihnen wirklich wichtig? An welchem Punkt begegnen wir einander?

Die Antworten, durch genaues Zuhören und Hinspüren gefunden, werden auf jeder Ebene in die Rede einfließen.

Schließlich: Jedes erfolgreiche Geschäftsprojekt hört seinen Wunschkund*innen zu und versucht, Wünsche und Bedürfnisse mit seinen Angeboten zu erfüllen. Und die familiären Beziehungen erst: wir alle spüren doch sofort, wie positiv es ins Gewicht fällt, wenn wir uns Zeit füreinander nehmen. 

Trotzdem habe ich oft den Eindruck, dass dem Zuhören in privaten wie beruflichen Beziehungen und auch gesellschaftlich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Die Vorwürfe „Du verstehst mich nicht“ oder „Sie hören mir gar nicht zu“ haben Konjunktur – und wurden von uns allen wohl schon mehrfach empfunden, wenn nicht ausgesprochen.

Und umgekehrt - wie schön ist es, wenn wir die Rückmeldung bekommen: ‘Vielen Dank fürs Zuhören.’ Oder: ‘Danke Dir, dass Du dir Zeit genommen hast und für dein offenes Ohr.’

 

Woran Zuhören scheitert: keine Zeit, kein Interesse

Wenn uns zugehört wird und wir uns verstanden fühlen, ist das ein Geschenk. Doch oft scheitern Gespräche, weil der Faktor Zuhören einfach fehlt. Warum ist das so? Zuhören braucht Zeit – und mehr noch: Ruhe. Beides ist meist ganz schön knapp.

Wie oft versuchen wir, Dinge zwischen ‘Tür und Angel’ zu klären oder hören nur mit einem halben Ohr zu? Sind also mit unserer Aufmerksamkeit ‘nicht ganz bei der Sache’ und gedanklich schon beim nächsten Termin. Und dann ist oft die Angst groß, als „emotionaler Mülleimer“ benutzt zu werden. Oder es fehlt schlicht das Interesse, sich auf die andere Person einzulassen.

 

Die Herausforderung beim Zuhören: Einfach DA-Sein

Doch nur durch das Sich-Einlassen, durch genaues Zuhören, können wirkliche Beziehungen entstehen und gestaltet werden. Dabei geht es weder um das Erteilen von Ratschlägen oder das Anbieten von Lösungen. In erster Linie ist Da-Sein gefragt, offenes Aufnehmen.

Wirkliches Zuhören beginnt mit einer  empathischen Grundhaltung und authentischem Auftreten. Ebenso wichtig beim wachen Zuhören sind Akzeptanz und eine positive Beachtung der anderen Person. Jeder Menschen ‘kann’ zuhören - oft ist das Zuhören-können jedoch mehr als eine Fähigkeit eine Frage der inneren Haltung und Bereitschaft.

 

Sich ohne Angst im Gespräch zeigen können: Zuhören schafft einen Raum dafür.

Du hast es ja oben schon mitbekommen: Zuhören und Freundschaft sind für mich sehr eng miteinander verbunden. Beides bedeutet für mich, einen Raum zu öffnen und zu halten, in dem sich alle Gesprächsbeteiligten wirklich zeigen können. Wenn wir einander wirklich zuhören, können wir miteinander ins Gespräch gehen, ohne Angst zu haben, negativ bewertet oder gar verurteilt zu werden. Es bedeutet, vertrauend auf Akzeptanz und Wertschätzung, das eigene Empfinden transparent machen zu können.

Kommunikation bedeutet, ‘etwas zur gemeinsamen Sache’ zu machen. Und das ist nur möglich, wenn wir einander zuhören, mit Geist, Herz und Seele. Zuhören ist immer eine Frage der Haltung.

 

Was brauchst du fürs Zuhören?

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Auf der zuhörenden Seite heißt es: Blickkontakt halten, mit dem ganzen Körper und Geist dabei zu sein, Anteil zu nehmen und sich in das Gegenüber hineinzufühlen.

Halte entstehende Pausen deines Gegenübers beim Zuhören aus und bleib mit dir selbst und deiner Wahrnehmung verbunden. Hab Geduld mit dir und deinem Gegenüber - nicht alle Sätze sind immer gleich parat; manchmal braucht auch das Formulieren Zeit.

Vertraue darauf, dass die Geschichten der anderen auch deine eigene Welt öffnen und sie bunter machen, wenn du ihnen zuhörst.

Es kann helfen, beim Zuhören innerlich die Frage zu stellen: “Was brauchst Du?  Was für Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche stehen hinten dem, was Du mir mitteilst?”


4 verschiedene Arten des Zuhörens

In dem sehr empfehlenswerten Buch ‚Professionelle Gesprächsführung‘ (Partnerlink zu Buch7 - der soziale Buchhandel) differenzieren die Autor*innen Weisbach & Sonne-Neubacher (dtv, 2015) zwischen 4 verschiedenen Arten des Zuhörens.

Zuhören hat viel mit der Führung in einem Gespräch zu tun: Denn es ist ein wunderbares Mittel, um das Gespräch zu steuern. Wenn du dir darüber klar wirst, wie du dein eigenes Zuhören einsetzt und wann es dir schwerfällt, anderen Menschen zuzuhören, kannst du auch im beruflichen Kontext professioneller und erfolgreicher Gespräche führen.

Das ‚Ich-verstehe‘-Zuhören

Bei dieser Art des Zuhörens steht die andere Person und das wirkliche Zuhören gar nicht so sehr im Vordergrund. Vielmehr ist das ‚Ich-verstehe‘-Zuhören eine Vorbereitung des eigenen Sprechens. ‚Ich verstehe‘ wird dabei mehr als Floskel eingesetzt, um den eigenen Absprung zur Redeübernahme zu schaffen.

So kann auch eine Unterbrechung vorbereitet werden. Typische Signale bei dieser Art des Zuhörens sind stereotypes Kopfnicken, leichtes Vorbeugen des Oberkörpers und ein hörbares Luftholen. Hierbei handelt es sich also eher um Pseudo-Zuhören. Dabei werden Zuhör-Floskeln eingesetzt, wie: ‚Ja, ich verstehe, aber …‘

Aufnehmendes Zuhören

Beim aufnehmenden Zuhören richtest du deine ganze Aufmerksamkeit auf den*die Gesprächspartner*in. Dazu gehört auch wirkliches Schweigen (also keinen stummen Kommentar abgeben, keine innere Ungeduld beim Zuhören zum Ausdruck bringen). Besonders wichtig beim aufnehmenden Zuhören ist der Blickkontakt, gerne verbunden mit einem leichten Kopfnicken, das nicht so sehr Zustimmung ausdrückt, als dass du der anderen Person gedanklich folgst.

Inwieweit wir tatsächlich zuhören (und nicht nur so-tun-als-ob), drückt unser Körper sehr klar aus: eben durch Blickkontakt und Mimik.

Umschreibendes Zuhören

Beim umschreibenden Zuhören gibst du das Gehörte mit eigenen Worten wieder. Diese Art des Zuhörens ist eine einfache und sichere Methode, um Missverständnisse zu verhindern. Dabei ist das umschreibende Zuhören gar nicht so leicht, wie sich das vielleicht anhört: denn es geht nicht nur um stumpfes, wortwörtliches Wiederholen. Vielmehr ist das Ziel, das wiederzugeben, was du verstanden hast.

Umschreibendes Zuhören kann sehr wohltuend und förderlich für das Gespräch sein. Um diese Art des Zuhörens praktizieren zu können, musst du für einen Moment deine eigenen Ansichten, Meinungen und Wertungen zurückstellen. Umschreibendes Zuhören zeigt deinem gegenüber klar, dass du den Inhalt verstanden hast.

Aktives Zuhören

Das aktive Zuhören gilt auch als die ‚hohe Kunst des Zuhörens‘ und geht auf Carl Rogers, einen US-amerikanischen Psychotherapeuten, zurück.

Wenn du eine Definition für aktives Zuhören suchst, dann zitiere ich hier wiederum Weisbach & Sonne-Neubacher: „‘Aktives Zuhören ist der Schlüssel zum Gesprächspartner. Es schafft ein Klima der Verbundenheit und des Vertrauens. Hierbei wird nicht nur auf das geachtet, was der andere sagt, sondern wie der andere spricht und sich verhält. Gefühle, Hoffnungen und Wünsche werden meist nicht direkt formuliert, doch schwingen sie in fast jeder Äußerung mit.“

Beim aktiven Zuhören geht es also darum, sich in die andere Person hineinzudenken und hineinzufühlen. Wenn du aktiv zuhörst, gibst du also nicht wie beim umschreibenden Zuhören die ganze Äußerung wieder, sondern konzentrierst dich auf das, was in den Äußerungen gefühlsmäßig mitschwingt. Dadurch kannst du eine Atmosphäre schaffen, in der sich dein*e Gesprächspartner*in wirklich verstanden fühlt.

 

Ein offenes Ohr verbindet

Ich bin glücklich und dankbar, diese Qualitäten und Momente wirklichen, aktiven Zuhörens in so vielen Gesprächen und Beziehungen zu Menschen erlebt zu haben – und weiter leben zu dürfen. Mit einem offenen Ohr.

Dabei bin ich überzeugt davon, dass ein MEHR von dieser Haltung des Zuhörens und Verstehens uns allen und unserer gesamten Gesellschaft gut tut – allen Menschen gleichermaßen.

 
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