Wie du Sprechmelodie richtig einsetzt

 
 

Natürlich: Es ist wahnsinnig wichtig, was du sagst. Keine Überzeugungskraft ohne den entsprechenden Inhalt, ohne die richtigen Argumente, ohne eine wirkungsvolle Struktur. Allerdings ist ebenso wichtig, wie es klingt, was du sagst. In diesem Blogartikel geht es um ein entscheidendes WIE, nämlich um die Melodieführung beim Sprechen.

Die Melodie deines Sprechens ist ein wichtiges Gestaltungsmittel. Wie deine Stimme sich beim Reden in der Tonhöhe hinauf und hinunter bewegt, wirkt sich direkt auf deine Verständlichkeit aus.

Du bringst es auf den Punkt.

Sicher kennst du diesen Ausspruch: ‚Du bringst es auf den Punkt.‘ Damit ist natürlich gemeint, dass etwas inhaltlich richtig und stimmig zugespitzt ist – aber es beschreibt auch, wie es klingt. Und damit die Art der Melodieführung.

Natürlich hast du auch noch andere sprecherische Gestaltungsmittel zur Verfügung: wie schnell oder langsam du sprichst, wie viele Pausen du beim Sprechen machst, wie gut du artikulierst, wie resonanzreich deine Stimme ist.

Doch ohne einen klaren Fokus auf die Melodieführung kannst du aus diesen anderen sprecherischen Mitteln nicht das meiste herausholen: Wie so oft beim Sprechen hängen die einzelnen Faktoren ganz eng miteinander zusammen.

Punkt, Komma, Fragezeichen hörbar machen

Die Melodieführung beim Sprechen ist deswegen entscheidend, weil du durch sie klare Zeichen vermittelst. Du machst hörbar, ob nach deinem Satz noch etwas kommt, wie sicher du dir bist in deiner Aussage, ob du das Rederecht behalten oder weitergeben willst und was du überhaupt mit deinem Sprechen bewirken willst.

Deine Sprechmelodie unterstützt und unterstreicht deine Inhalte.

Wie du deine Stimme führst, vermittelt also ebenso entscheidende Informationen wie die verbale Ebene, also die reinen sprachlich gesendeten Mitteilungen. Und natürlich sollten diese beiden Ebenen, verbal und nonverbal (nicht-sprachlich) gut zusammenwirken – damit wirklich das bei deinem Gegenüber ankommt, was du aussenden willst.

3 unterschiedliche Melodieverläufe beim Sprechen

Ich unterscheide in diesem Artikel zwischen 3 unterschiedlichen Melodieverläufen beim Sprechen. Ob du die Stimme nach unten bewegst, nach oben anhebst oder in der Schwebe hältst, macht einen hörbaren Unterschied. Ich zeige dir im Folgenden, welchen - und warum es wichtig ist, dass du dafür ein Gehör entwickelst.

 

In der Lösungstiefe sitzt der Punkt.

Wenn du eine Aussage tätigst, gehst du am Ende des Satzes mit der Stimme nach unten. Sie senkt sich deutlich hörbar ‚in die Lösungstiefe‘ ab. So machst du einen Punkt am Ende deines Satzes hörbar.

Lies doch einfach die ersten Sätze des vorhergehenden Absatzes für dich laut vor. Sicher hörst du gleich, dass du das letzte Wort des Satzes etwas tiefer aussprichst als die vorherigen. Der Melodieverlauf geht nach unten.

Der Punkt markiert im Schriftlichen das Ende eines Satzes – und im Mündlichen ist es eben dieser fallende Melodieverlauf.

So stellst du deine Aussage klar in den Raum.

Wenn du ‚auf Punkt sprichst‘, dann steht deine Aussage klar im Raum. Du machst hörbar, dass du dir sicher bist mit deinem Statement und dass es ‚so stehenbleiben‘ kann. Damit wirkt sich diese markante Sprechmelodie auch stark auf die Wahrnehmung deiner Kompetenz aus.

Noch eine gute Sache passiert, wenn du dein Sprechen zum Punkt bringst: eine natürliche Pause entsteht. Du führst deine Stimme in die Tiefe, der Satz ist abgeschlossen. Die Sprechspannung darf sich lösen, du atmest neu ein – und beginnst den nächsten Satz. Ein natürlicher Rhythmus aus Einatmen – Sprechen auf dem Ausatemstrom – kurze Pause mit neuerlichem Einatmen - Weitersprechen entsteht.

Du vermittelst nonverbal: ‘Dieser Satz ist zu Ende.’

Den meisten Menschen fällt es leicht, beim Vorlesen am Ende eines Satzes den Punkt hörbar zu machen. Beim freien Sprechen gestaltet es sich hingegen schon anders: Für viele ist es anfangs eine Herausforderung, den Punkt beim eigenen Sprechen hörbar zu machen.

Da hilft es, die Sätze erstmal radikal zu verkürzen, um ein Gefühl für die neue Melodieführung zu bekommen. So lernst du auditiv, wie deine Stimme klingt, wenn du ‚auf den Punkt gehst‘ und damit nonverbal vermittelst: ‚Dieser Satz ist zu Ende.‘

Ein paar Beispiele für Aussage-Sätze:

Max ist müde.

Marina isst am liebsten Spaghetti.

Wir gehen am Sonntag mit den Kindern in den Zoo.

 

‘Da kommt noch was.’

Es gibt natürlich auch einen Melodieverlauf, der mitteilt: ‚Da kommt noch was.‘ Die Stimme geht weder nach unten noch nach oben, sondern bleibt ‚in der Schwebe‘ und die Tonhöhe verändert sich nicht merklich.

Im Schriftlichen wird das durch ein Komma zwischen Satzteilen verdeutlicht.

Ein paar Beispiele für Haupt- und Nebensätze:

Max ist müde, weil er gestern zu spät schlafen gegangen ist.

Marina isst am liebsten Spaghetti, aber nur mit Tomatensauce, nicht mit Pesto.

Wir gehen am Sonntag mit den Kindern in den Zoo, weil das Wetter schön wird.

Anders als bei den Beispielen oben ist der Satz nach dem ersten Teil nicht zu Ende, sondern es wird hinter dem Komma noch ein weiterer Satzteil angehängt. Damit ist dieser Melodieverlauf zwischen Haupt- und Nebensatz ein wunderbares Gestaltungsmittel, um mitzuteilen, dass dein Gedanke noch nicht zu Ende ist.

Wenn alle Gedanken in der Schwebe bleiben …

Allerdings passiert es vielen Sprecher*innen, dass ihre Stimmen gewohnheitsmäßig und damit ständig ‚in der Schwebe‘ bleiben. Dadurch reihen sich rein auditiv unabgeschlossene Sätze unablässig hintereinander.

Das führt mitunter bei den sprechenden Personen dazu, dass sie nach einer Weile regelrecht ‚außer Atem‘ sind, weil sich Atmung und Stimme niemals in der Lösungstiefe erholen können.

Doch auch auf die zuhörenden Personen hat dieser Melodieverlauf eine bedenkenswerte Wirkung: Wenn die Sätze niemals wirklich abgeschlossen werden, ermüdet das Zuhören sehr schnell. Dadurch steigt das Bedürfnis, die sprechende Person zu unterbrechen. Auch, um der ewigen Gleichförmigkeit beim Zuhören zu entkommen …

Trainiere auch hier zuerst durch lautes Vorlesen, eine Wahrnehmung für diesen Melodieverlauf zu bekommen. Versuche dann, auch beim freien Sprechen genau zu differenzieren zwischen da-kommt-noch-was und jetzt-ist’s-zu-Ende.

 

Hast du eine Frage?

Wir haben uns nun angeschaut, was es macht, wenn du mit der Stimme hörbar nach unten gehst oder sie in der Schwebe hältst. Weiters kannst du deine Stimme am Ende eines Satzes nach oben führen. Damit wird akustisch klar, dass du etwas wissen willst: Du stellst eine Frage.

Im Schriftlichen wird die Frage durch das Fragezeichen am Ende eines Satzes angezeigt. Im Mündlichen geht der Melodieverlauf beim Sprechen nach oben.

Ein paar Beispiele für Fragen:

Warum ist Max müde?

Marina, wie isst du deine Spaghetti am liebsten?

Wollen wir am Sonntag mit den Kindern in den Zoo gehen?


Mit einer Frage gibst du das Rederecht ab.

Wenn du eine Frage stellst, folgt daraus meistens eine Abgabe des Rederechts. Du willst etwas von einer anderen Person wissen, stellst eine Frage – und nach der Frage spricht dann dein Gegenüber mit der betreffenden Antwort weiter. Du sagst damit also auditiv: ‚Sprich du weiter – gib mir eine Antwort.

Somit ist die Melodieführung nach oben auch ein wichtiges sprecherisches Gestaltungsmittel. Es wendet sich jedoch dann gegen dich, wenn du gar keine Frage stellen willst – sondern ‚eigentlich‘ eine Aussage machen willst.

Typischer Stolperstein: Aussagen, die wie Fragen klingen

Das ist übrigens ein sehr gendertypischer Stolperstein in der Rhetorik: Aussagen zu machen, die wie eine Frage klingen. Vielfach wird aus unterbewusster Angst, dass ein Statement zu kraftvoll rüberkommen würde, eine Frageintonation auf die Aussage gesetzt.

Ein paar Beispiele für Aussagen mit Frageintonation:

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit?

Wir sollten dem Kunden unser neues Marketingkonzept vorstellen?

Bitte schreib diesen Text bis 17:00 fertig?

 

Inhalt und Form sollten zusammenpassen.

Wenn du aus Informationen, Vorschlägen und Aufforderungen durch die Art der Melodieführung eine Frage machst, passen Inhalt und Form nicht zusammen. Dann ist es kein Wunder, wenn aufseiten deiner Zuhörer*innen Verwirrung entsteht – und die Reaktionen nicht zu deiner Intention passen.

Hab den Mut, eine Aussage ‚auf den Punkt zu bringen‘. Und stelle nur eine Frage, wenn du auch wirklich eine Antwort von deinen Gesprächspartner*innen möchtest.

Melodieführung ist ein sprecherisches Gestaltungsmittel.

Wie du etwas sagst, hat große Auswirkungen darauf, wie dein Inhalt ankommt. Deine Melodieführung ist ein wichtiges Gestaltungsmittel: Entwickle ein Ohr dafür, wie du Aussagen auf den Punkt bringst. Vermittle deutlich, dass noch eine wichtige Information folgt. Und stelle nur eine Frage, wenn du wirklich eine Frage hast.

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