Wie du überzeugst, ohne zu überreden und zu manipulieren

 
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In der Rhetorik wird ein Wort wirklich groß geschrieben: Überzeugung. Viel scheint abzuhängen von der Überzeugungskraft der Rednerin: Dass die zuhörenden Menschen die Vorschläge annehmen, dass sie zum Handeln motiviert werden und nicht zuletzt, dass sich die sprechende Person mit ihren Überzeugungen durchsetzt.

Wer andere überzeugt, kann wirklich etwas gestalten – denn diese anderen machen dann ja mit: Sie teilen jetzt die eigene Anschauung.

 

Wie kann ich die anderen überzeugen?

Und da sind wir schon bei dem vermeintlichen Problem: Den anderen. Denn die scheinen manchmal einfach nicht die besten Vorschläge kapieren zu wollen. Da kann frau sich den Mund fusselig reden. Viele stellen sich dann diese Frage: Was muss man denn noch sagen, um das Gegenüber endlich zu überzeugen?

Jetzt sind 2 Dinge wirklich wichtig, um in Zukunft einen anderen Zugang zum Überzeugen zu bekommen. Sie sind etwas unbequem, weil sie dich herausfordern, deinen Blickwinkel zu verändern. Aber danach kannst du das Thema ‘Überzeugen’ hoffentlich anders denken.

 

2 unbequeme Sichtweisen zum Thema Überzeugungskraft:

  1. Ein Redeschwall wirkt wenig überzeugend.

Überzeugen hat nichts damit zu tun, dass du dein Gegenüber mit Worten möglichst gekonnt bearbeitest. Es führt nicht zum Erfolg, wenn du nur lange und intensiv genug auf deine Gesprächspartnerin einredest. Vielleicht stimmt sie dann zwar zum Schein zu oder kapituliert einfach, damit der Redeschwall endlich versiegt.

Dann hast du es zwar erfolgreich bis zur Abnutzungskapitulation gebracht – mit wirklicher Überzeugungsarbeit hat das aber herzlich wenig zu tun. Schlimmer noch: Eine solcherart abgerungene Zustimmung weicht sich relativ schnell auf und wirkt nicht nachhaltig. Eben weil du dein Gegenüber überredet, aber nicht überzeugt hast.

 

2. Die andere Person muss deine Argumente nicht akzeptieren.

Dein Gegenüber muss deine Argumente nicht annehmen. Selbst, wenn du die in deinen Augen besten Argumente hast (und ich meine, wirklich: die allerallerbesten), müssen sie nicht akzeptiert werden.

Ja, ich weiß, das ist hart. Geht mir selbst oft genauso. Denn dann stellt sich die Frage: Warum, verdammt nochmal, will die andere Person das nicht akzeptieren? Warum denkt die über ein Thema so komplett anders?

Weil du diese mangelnde Akzeptanz deiner Gründe nicht verstehst, steigt dann das Bedürfnis, die Schrauben anzuziehen. Nach dem Motto: Wenn ich es nochmal erkläre, mit mehr Nachdruck, dann muss er*sie es doch endlich schlucken! Wenn ich nur ein kleines bisschen drohe, dann…

Doch weit gefehlt – die Widerstände werden dann oftmals noch größer.

 

Überzeugungsprozesse brauchen Entscheidungsfreiheit.

Wenn du deine Gesprächspartner*innen wirklich überzeugen willst, dann musst du ihnen Entscheidungsfreiheit lassen. Und damit ist das wichtigste Wort für einen erfolgreichen Überzeugungsprozess schon gefallen: Entscheidungsfreiheit.

Dein Gegenüber muss spüren, dass er*sie sich frei entscheiden kann, sich deinen Überzeugungen anzuschließen. Nur wenn das ‚Rüberkommen auf die andere Seite‘ als ein freiwilliger Prozess wahrgenommen wird, hat es auch Bestand.

 

Manipulationen und Überredungsversuche wirken nur kurzfristig und sind moralisch fragwürdig.

Wenn du die andere Person zu manipulieren versuchst oder zu überreden, wird sie das an irgendeinem Punkt merken. Vielleicht erst, nachdem du ihr etwas abgerungen hast.

Doch solch ein Vorgehen wirkt meist nur sehr kurzfristig und du handelst dir damit an einer anderen Stelle mehr Widerstände ein. Denn es bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Die andere Person fühlt sich überrumpelt oder über den Tisch gezogen. Druck erzeugt immer Gegendruck. Und das Vertrauen, das ein Überzeugungsprozess unbedingt braucht, ist dahin. Vielleicht für immer.

Darüber hinaus spricht noch ein weiterer Punkt gegen Manipulationen und Überredungsversuche: Sie sind moralisch fragwürdig. Willst du wirklich, dass jemand bei etwas nur mitmacht, das dir offensichtlich am Herzen liegt, wenn du Druck anwendest? Wenn jemand zustimmt, obwohl er*sie das eigentlich gar nicht wollte?

Das passiert bei der Überredung: Dabei wird durch ‚emotionalen Überdruck‘ das Gegenüber zu einer Entscheidung geleitet.  

 

Um jemanden zu überzeugen, gibt es keine immer funktionierenden Tricks.

Bei der Überzeugungsarbeit geht es nicht darum, beim Gegenüber die ‚richtigen Knöpfe‘ zu drücken. Es gibt auch nicht das eine Super-Argument, das du nur finden musst, damit jemand überzeugt ist. Es gibt keine Tricks, die immer und in jeder Situation funktionieren.

Was es aber gibt, ist: Kooperative Rhetorik. Eine Rhetorik, die das Gegenüber mit in den Blick nimmt und im Gespräch zu einer Lösung zu kommen versucht, die von beiden Seiten akzeptiert werden kann.

Denn: Der Erfolg deiner Überzeugungs-Künste hängt von den Reaktionen deiner Gesprächspartner*innen ab. Und damit auch immer von deren Meinungen, Prägungen, Voreinstellungen.

Doch warum reicht es manchmal nicht aus, die vermeintlich ‚besten‘ Argumente in der Hand zu haben? Warum setzen sich die schlauesten Gründe nicht durch? Warum kann die eine Person eine Argumentation gut hören, während sie bei der nächsten überhaupt nicht verfängt?

 

Beim Überzeugen hast du es mit einem Netz aus Meinungen & Prägungen zu tun.

Das hängt mit unseren jeweiligen bereits bestehenden Meinungen und Überzeugungen zusammen. Stell dir das wie ein Netz vor: Um eine neue Meinung hinzuzufügen ins Gewebe, musst du möglicherweise eine andere entfernen. Denn manche Meinungen können ins uns nicht nebeneinander existieren.

Wenn jedoch ein neuer Faden aufgenommen wird ins eigene Netz, dann muss vielleicht ein älterer und schon länger bestehender gezogen werden. Und das ist manchmal schwierig, oft sogar schmerzhaft. Denn wir alle bauen aus unseren Meinungen, Überzeugungen und Glaubenssätzen unsere Identitäten und inneren Bilder von uns selbst zusammen.

Da gibt es dann Meinungs-Fäden, die eher an den äußeren Kanten des Netzes liegen. Da sind die Dinge, die uns nicht so wichtig sind oder wo die Ansichten noch nicht so festgezurrt sind. Doch es gibt auch Fäden, die tief im Inneren des Netzes verwebt sind: Sie ‚rauszubekommen‘ und durch andere zu ersetzen, ist ein längerer Prozess.

Je näher eine Meinung im Zentrum des eigenen Überzeugungsnetzes liegt, desto schwerer fällt es, sie aufzugeben. Diese Meinungen werden dann mit besonders viel Widerstand festgehalten: Denn sie zu hinterfragen hieße auch, einen Teil der Persönlichkeit zu hinterfragen.

Zusätzlich fällt es vielen Menschen schwer, einmal gefasste Meinungen zu verändern, weil sie ein tiefes Bedürfnis nach Beständigkeit haben. Der Wunsch, sich mit bisher Geäußertem und mit früheren Handlungen konsistent zu verhalten, steht der Aufnahmebereitschaft für Neues und andere Muster deutlich entgegen.

Jeder Überzeugungsprozess beginnt mit einem Perspektivenwechsel.

Was kannst du also machen, damit du dein Gegenüber bestmöglich auf deine Seite mitnimmst und überzeugst? Du trittst einen Schritt zurück und nimmst einen Perspektivenwechsel vor. Weg von dem, was du denkst, fühlst, möchtest - hin zu dem, was dein Gegenüber denkt, fürchtet, will.

Um dein Gegenüber für deinen Standpunkt zu gewinnen, solltest du eine andere Brille aufsetzen: seine*ihre. Du betrachtest die Welt in der Vorbereitungs-Situation aus der Sicht deines zukünftigen Gesprächspartners, deiner Chefin, deiner Zielgruppe.

 
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Um eine Überzeugungs-Strategie zu entwickeln, solltest du dein Gegenüber kennen.

Um eine Überzeugungs-Strategie zu entwickeln, solltest du deine Gesprächspartner*innen einschätzen können und ihre Einstellungen kennen. Dann kannst du nämlich aus dem Pool deiner Argumente diejenigen auswählen und anpassen, die für die andere Person auch stimmig sind. Denn nur wenn die Gründe für dein Gegenüber akzeptabel sind, wird er*sie diese auch ‚hören‘ und annehmen können.

Um die Überzeugungs-Situation vorzubereiten, kannst du dir folgende Fragen stellen:

  • Wer ist mein*e Gesprächspartner*in?

  • Was ist ihm*ihr wichtig?

  • Welche Anliegen treiben diese Person um? Welche Wünsche, Hoffnungen, Befürchtungen, Ängste, Abneigungen hat er*sie?

  • Welche Meinungen hat der*die Adressat*in zu dem Thema? Was ist da an Fachwissen, Überzeugungen, Vorurteile, Ansichten und Irrtümer?

  • Welche Einwände könnte er*sie bringen?

Wenn du die Person persönlich kennst, hast du natürlich zu mehr Informationen Zugang und kannst dich spezifischer vorbereiten.

Doch auch, wenn du zu einer Gruppe sprichst oder zu einer noch unbekannten Person in einer beruflichen Rolle (Ärztin, Geschäftsführer, Bundestagsabgeordnete…), kannst du dich in deren Positionen, Erwartungen und Haltungen hineindenken.

 

Gründe finden, die akzeptiert werden können

Wenn du Gründe anführst, die die jeweilige Person auch akzeptieren kann, hast du bessere Karten. Natürlich sollst du nicht ‚ganz neue‘ Argumente erfinden oder Fakten verändern. Aber es gibt sicher Möglichkeiten, dein Anliegen auf eine Art und Weise zu formulieren und Argumente zu benennen, für die dein Gegenüber auch ‚offene Ohren‘ hat.

Zusätzlich helfen auch diese beiden Ansätze für überzeugende Kommunikation weiter:

 
  1. Standpunkt vertreten und Wahlfreiheit lassen

Tritt klar, offen und kompetent für deinen Standpunkt ein. Je weniger du versuchst, ‚hintenrum‘ zu erreichen oder dein Anliegen zu verschleiern, desto eher kann dein Gegenüber mitgehen.

Da sind wir wieder bei der Wahlfreiheit. Und ja, freie Wahl kann unter Umständen auch bedeuten, dass sich deine Gesprächspartnerin für einen Weg entscheidet, der nicht der deine ist. Bleib klar, bleib ruhig, bleib bei der Sache, um die es dir geht.

 

2. Trag deine Überzeugungen durch dein Handeln glaubwürdig nach außen.

Glaubwürdigkeit und Authentizität werden geschätzt. Wenn du für eine Sache eintrittst, versuche auch, sie ‚zu leben‘ und durch dein eigenes Handeln in die Welt hinauszutragen. Oft sind es auch weniger die reinen Worte, die ziehen, sondern die eigenen verantwortungsbewusst gesetzten Handlungen.

 

Überzeugen ist ein Gesprächs-Prozess auf beiden Seiten.

Für einen Überzeugungs-Prozess braucht es immer zwei Seiten: Auf der einen Seite stehst du und willst jemanden von etwas überzeugen. Deine Verantwortung ist es, auch den Blickwinkel deines Gegenübers einzunehmen und in den Prozess des Miteinander-Sprechens einzubeziehen.

Und auf der anderen Seite steht dein*e Gesprächspartner*in: hoffentlich bereit, in solch ein Gespräch mit dir hineinzugehen und ein Stück weit die eigene Position zu verändern, sich zu neuen Handlungen motivieren zu lassen. Das kannst du nur bestmöglich befördern und im Gespräch Lösungen anbieten, die akzeptiert werden können.

Alles andere: Druck, Manipulationen, Machtdemonstrationen, Verurteilungen haben mit einem beiderseitigen Gespräch auf Augenhöhe nichts mehr zu tun. Sie führen nicht zu einem konstruktiven Gesprächsklima und erfolgreicher Überzeugungsarbeit, sondern: zu mehr Widerstand.

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Achtsame Rhetorik-Übung: So wirst du Füllwörter los

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Wie du leicht Blickkontakt mit deinem Publikum aufbaust