Wenn innere Wahrnehmung und äußere Wirkung nicht zusammenpassen …

Du sitzt mal wieder in einer wichtigen Team-Besprechung. Gerade spricht noch eine Kollegin, und du möchtest bei nächster Gelegenheit auch etwas beitragen. 

Die übliche Welle an Aufregung überkommt dich, wenn du daran denkst, dass du gleich etwas sagen wirst. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Schließlich geht es um die Sache. 

Du sammelst dich und atmest tief durch. Jetzt kommt es drauf an!

Du findest einen guten Moment für deinen Einsatz und legst los. 

Im Innen: Alles klar!

Die Worte kommen aus dir herausgepurzelt, und du präsentierst vor den anderen deine Gedanken zum Thema. Du umreißt sie in scharfen Konturen.

So glaubst du jedenfalls.

So nimmst du es zumindest in deinem Inneren wahr.

Erleichtert, dass du deinen Punkt endlich angebracht hast, bist du innerlich noch kurz mit der eigenen, wie du hoffst, Glanzleistung beschäftigt. Du atmest abschließend einmal tief durch, schaust auf deine Notizen und freust dich darauf, bald entspannen zu können. 

Du willst aber auch sehen, was bei deinem Team im Außen angekommen ist.

Du blickst wieder auf von deinen Notizen… und schaust in fragende Gesichter

Im Außen: Nur fragende Gesichter.

„Verdammt! Doch keine Glanzleistung?“, denkst du.

Zu allem Überfluss bittet dich jetzt auch noch eine Person aus der Runde, ob du nochmal wiederholen bzw. anders umschreiben könntest, was du gerade gesagt hast.

Und wie du das meinst.

Und wenn möglich, doch bitte einen Ticken lauter.

Du spürst deinen Puls und deine Gedanken verwirren sich.

Schlimmer noch: Der Kopf scheint leer!

Innere Wahrnehmung und äußere Wirkung passen nicht zusammen.

Vielleicht wirst du rot, vielleicht werden deine Hände klamm und du denkst: “Wieder hat mich niemand verstanden! Dabei hatte ich es innerlich ganz klar im Kopf, was ich sagen wollte! Oder war ich nach außen doch nicht so klar?

Du musst nun noch einmal wiederholen, was du gerade schon mit einiger Anstrengung formuliert hast.

Und du weißt genau, dass es beim nächsten Mal noch schwieriger sein wird, dich zu überwinden und etwas zur Besprechung beizutragen.

Bei alledem ist dir innerlich absolut unklar, warum dich im Außen niemand verstanden hat.

Spreche ich wirklich so unklar und undeutlich?

Als sich die Runde auflöst und du das Meeting verlässt, fragst du dich, weshalb du häufiger von den anderen nicht verstanden wirst.

Du fragst dich, warum die Menschen um dich herum eine andere Wahrnehmung von dir haben als die, die du in deinem Inneren von dir selbst hast. 

Nuschelst du oder sprichst du zu schnell?

Redest du zu kryptisch oder kommst nicht auf den Punkt?

Sprichst du zu leise, obwohl du dir selbst als zu laut erscheinst?

 

Die Krux mit Innen- und Außenwahrnehmung

Die Antworten liegen, wie so oft, im Dazwischen – zwischen deiner Innenwelt und dem Bild, das andere von dir haben. Zwischen deinen Gedanken und dem, was tatsächlich bei deinem Gegenüber ankommt.

Auf dem Weg nach außen können Gedanken stolpern, sich verändern oder missverstanden werden. Der Transfer zwischen dem, was du sagen willst, und dem, was andere hören, ist komplex.

Wer diese Mechanismen begreift, kommt der Lösung ein gutes Stück näher.

Lass uns also versuchen, mögliche Kommunikationshindernisse zwischen Denken, Sprechen und Verstehen zu ordnen.

Deine Innensicht entspricht häufig nicht der Außenwahrnehmung der anderen.

Die Gedankenbilder und -strukturen in deinem Inneren sind hochkomplexe nicht-materielle Gebilde, die erst einmal nur du kennst. Sie sind aufgeladen mit subjektivem Wissen, persönlichen Emotionen und deiner Lebenserfahrung. 

Alles das schwingt für dich mit, wenn du sprichst.

Alles das fehlt deinen Mitmenschen, wenn sie dir zuhören.

Sie haben lediglich deine Worte, deine Körpersprache und ihre eigenen (wahrscheinlich abweichenden) Erfahrungen und Bewertungen, um daraus ihre Schlüsse zu ziehen.

Wenn du dir diesen Umstand bewusst machst, ist schon viel gewonnen.

Denn dann denkst du automatisch die potentiellen Leerstellen deiner Zuhörenden mit und nimmst dir mehr Zeit und Raum, deine Gedanken auszuführen, damit die anderen dir gut folgen können.

Wenn die Emotionen dazwischen kommen 

Unsere Emotionen spielen eine zentrale Rolle, wenn wir Gedanken in Worte fassen und nach außen tragen. Manchmal läuft das nicht wie geplant – besonders, wenn Gefühle dazwischenfunken.

Du willst ruhig bleiben, doch die Aufregung lässt deine Stimme zittern? Kein Problem!

Dann spüren andere eben, was in dir vorgeht.

Das ist nicht nur authentischer, sondern auch sympathischer, als krampfhaft Coolness zu bewahren.

Emotionen zuzulassen, nimmt ihnen nach Sekunden die Wucht – und macht Kommunikation lebendiger.

 

Das Ding mit der Sympathie: Du kannst es nicht allen recht machen.

Manchmal beeinflussen auch Sympathieaspekte oder ungesunde Sprechgewohnheiten, wie andere uns im Außen bewerten. 

An einigen Aspekten können wir arbeiten.

Wer mit Druck, zu fispelig oder atemlos spricht, erzeugt möglicherweise einen unerwünschten Eindruck bei den Zuhörenden. Die checken dann schneller mal aus und geben sich vielleicht gar keine Mühe mehr, genauer hinzuhören. 

Und das sind genau die Bereiche, an denen sich im Rhetorik- und Stimmtraining gut ansetzen lässt.

Andere Sympathieaspekte liegen schlicht in den Ohren der Zuhörenden.

Es ist ein bisschen wie mit der Stimme von Bob Dylan.

Entweder man mag sie oder man mag sie nicht. 

Mach dich also nicht zu verrückt. Du kannst es nicht allen recht machen.

Finde heraus, woran du wirklich etwas ändern möchtest und zu welchen stimmlich-sprecherischen Eigenheiten du bewusst stehen möchtest. 

 

Wenn sich die gewollte Wirkung einfach nicht einstellt

Manchmal gehen innen und außen wirklich weit auseinander.

Wenn ich zum Beispiel an einen guten Freund denke, der häufiger mal zu hören bekommt, er wirke so streng, gar unfreundlich. 

Jedes Mal staunt er und sagt: „Ich bin nur konzentriert, ansonsten bin ich voll von ehrlicher empfundener Zuneigung!“

Dass er nur in Gedanken lächelt, aber sich nichts davon in seine Stimme und Mimik überträgt, ist ihm dabei nicht bewusst. 

Egal, warum Innen- und Außenwahrnehmung auseinandergehen – mit Geduld und Übung ändert sich das. Sprechübungen helfen dir, deine Muster zu erkennen. Schon bald wirst du dich selbst überraschen.

Wir sind, wie wir sprechen?  

Wir sind so an unsere eigene Sprechweise gewöhnt, dass wir sie kaum hinterfragen. Doch genau das ist nötig, um Innen- und Außenwahrnehmung anzugleichen.

Viele Sprechgewohnheiten entstehen früh und sind eng mit unserer Persönlichkeit verknüpft – sei es ein Dialekt, bestimmte Betonungen oder ein zurückhaltender Sprechstil.

Eine Veränderung fühlt sich oft an, als würde man eine fremde Rolle annehmen.

Probier es aus: Sprich im Alltag bewusst anders – mit ungewohntem Ausdruck oder Dialekt. Wahrscheinlich wirkt es erst seltsam oder bringt dich sogar zum Lachen.

 

Die Umstellung der Sprechgewohnheiten kostet Überwindung.

Wenn du deine Sprechgewohnheiten ändern willst, wird das anfangs Überwindung kosten. Plötzlich hörst du dir selbst bewusster zu – fast so, als würdest du dich von außen beobachten.

Diese neue Wahrnehmung kann ungewohnt oder sogar unangenehm sein. Anfangs wirst du vielleicht viel bewerten: Wie klinge ich?

Ist das noch natürlich?

Deine Stimme könnte dir „verstellt“ oder „hölzern“ vorkommen.

Doch keine Sorge – das legt sich. Mit der Zeit wird bewusstes Sprechen zur Gewohnheit und fühlt sich immer natürlicher an.

Der Papageien-Weg: Besser sprechen durch bewusstes Zuhören

Indem du aktiv zuhörst, kannst du deine eigene Sprechweise mit der von Menschen vergleichen, denen du gern zuhörst. Nachahmung hilft dabei, neue Klang- und Körpererfahrungen zu machen – und vielleicht entdeckst du ungeahnte Fähigkeiten.

Beim aufmerksamen Zuhören wirst du schnell Unterschiede bemerken:
Wie strukturieren andere ihre Gedanken?
Wie klingen ihre Stimmen?
Wie deutlich oder undeutlich sprechen sie?

Diese Beobachtungen können deine eigene Sprechweise gezielt verbessern.

Beobachte dich und sammle deine guten Momente.

Beobachte dich selbst: Deine besten Tageszeiten und Situationen, in denen alles mühelos funktioniert, sind oft gut erkennbar. Vielleicht sprichst du morgens oder abends weniger deutlich, je nachdem, wie wach oder müde du bist.

Gleichzeitig gibt es Momente, in denen du besonders klar und präzise ausdrücken kannst.

Halte diese guten Momente fest und erinnere dich bewusst daran – sei ruhig stolz auf deine Fortschritte.

Nutze dieses Wissen in schwierigen Situationen, wie bei einer wichtigen Besprechung. Wenn du dir vorher deine besten Sprechmomente ins Gedächtnis rufst, kannst du davon profitieren.

 

Für Mutige: Die Sprachaufnahme als Spiegel 

Wenn du besonders mutig bist, kannst du dich auch einmal aufnehmen und dir die Aufnahme anschließend anhören.

Zum einen wirst du möglicherweise feststellen, dass du dich im Grunde doch ganz gut ausdrücken kannst und dass dir einfach nur Tagesform und psychische Anspannung in die Quere kommen. Oft hilft allein diese Gewissheit.

Dann fallen Unsicherheiten, die dich in einem Meeting überkommen, von dir ab. Weil dir einfällt: „Ich kann das, ich muss nur einmal tief durchatmen.“

Zum anderen bekommst du durch das wiederholte und genaue Anhören deiner Sprachaufnahme neue Ansätze, woran du arbeiten kannst. Du wirst nämlich direkt hören, wenn du keine Pausen zwischen den Sprechabschnitten machst oder am Ende des Satzes immer mit der Stimme nach oben gehst. Das sind wichtige Informationen, denn dann weißt du, woran du weiter arbeiten kannst!

Auf den Punkt:  Vorher schon eine innere Skizze anlegen 

Manchmal fällt es schwer, auf den Punkt zu kommen – besonders bei komplexen Themen oder in angespannten Situationen. Dadurch neigst du dazu, lang auszuschweifen und verlangst Geduld von deinen Mitmenschen, während du deinen Kerngedanken formulierst.

In solchen Momenten kann es hilfreich sein, deine Gedanken vorab zu strukturieren und auf einem „inneren“ Reißbrett zu skizzieren, was du später klar und präzise ausdrücken möchtest.

Beschäftige dich ganz bewusst mit Sprechstrukturen.

Wenn du weißt, was das Informieren vom Argumentieren unterscheidet oder welche Struktur unter einer Überzeugungsrede liegt, dann kannst du dieses Wissen beim freien Sprechen anwenden.

Und, nur Mut: Die Strukturen bekommst du ganz schnell ins Gedächtnis! Auch das ist ein beliebter Trainingsaspekt im Rhetoriktraining.

 

Dein ganz persönlicher Weg

Wenn du das Rätsel ums Nicht-Verstandenwerden gelöst hast, ändern sich viele Denk- und Sprechgewohnheiten fast von selbst.

Du wirst deine Gedanken klarer und einfacher strukturieren.

Mit einer präsenten Stimme wirst du deutlich sprechen.

Du wirst Sätze, die du früher offen gelassen hast, konsequent zu Ende führen.

Je nach Situation wirst du deine Sprechweise anpassen – mal gespannter, mal gelassener. Du wirst eine Faszination für zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse entwickeln und vom Monolog führen zu einem aktiven Dialog übergehen.

Und wenn es wirklich mal am Außen liegt …

Wie wir Gedanken in Sprache umsetzen und wie andere diese verstehen, hängt von vielen Faktoren ab.

Manchmal liegen die Gründe für Missverständnisse jedoch außerhalb unserer Kontrolle.

Hintergrundgeräusche und räumliches Sprachbewusstsein

Es liegt nicht immer nur an dir, wenn du nicht verstanden wirst. Auch dessen kannst du dir bewusst werden, um allen Beteiligten zu helfen.

Manchmal sind Hintergrundgeräusche oder Lärm die Ursache.

Ein Fenster kannst du schließen, aber laute Straßen oder schallende Räume kannst du nicht einfach abstellen.

Auch auf eine schlechte Audioverbindung in einem Telefonat oder Videochat hast du wenig Einfluss. Für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen kann es besonders schwierig sein, fehlende Frequenzen zu erraten.

Sei dir daher immer der Raumsituation und des Geräuschpegels bewusst. So kannst du deine Sprache anpassen und, wenn nötig, noch klarer sprechen.

Klarheit beim Abgleich zwischen deiner Innen- und Außenwahrnehmung

Egal, warum es manchmal zwischen deinen Gedanken und dem, was dein Publikum hört, hakt – der erste Schritt zu mehr Klarheit ist, bewusst zuzuhören. Sowohl dir selbst als auch anderen.

Mit dieser Klarheit wirst du entspannter in Besprechungen gehen, weil sich deine Innen- und Außenwahrnehmung immer mehr angleichen.

Und mit dem Bewusstsein und etwas Übung werden deine Gedanken bald ganz klar ankommen …

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Nuschelst du noch oder sprichst du schon deutlich?

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4 einfache Sprechübungen für eine deutliche Aussprache